Heute

passierte was total krasses: Innerhalb weniger Minuten ist ein Muttermal gewachsen, am rechten Mundwinkel. Bäm!
Hat sich seinen Platz auf unbeflecktem Terrain gesichert, seine Fahne in den Boden gerammt, Wurzeln geschlagen. Woher? Wie? Warum? Ranga Yogeshwar, bitte steig aus Frank Elstners Bett und erkläre mir dies.

Danke sehr, Herr Feuerstein

Jeder hat das Recht, verarscht zu werden. (Herbert Feuerstein)

Humor kann diskriminierend sein. Nämlich dann, wenn er Menschen bestimmter sozialer Gruppen ausschließt.
Als ich über unseren Besuch im Konzert berichtete und dabei die älteren Herrschaften genauer betrachtete, kam das bei manchen nicht so gut an. Über Alte darf man nicht lachen und schon längst keine Witze machen. Das sei gemein und führe vor. Die Gesellschaft mache es ihnen ohnehin schon schwer genug.
Warum denn das? Indem ich sie ins polemische Licht rücke, indem ich ihre Komik pointiere, integriere ich sie. Wenn ich über Dich lache, über mich, über sie und über ihn, warum soll ich dann nicht über alte Menschen lachen? Über sie nicht zu lachen, sie zu übersehen, sie zu schonen, grenzt sie aus, isoliert sie. Der über den ich lache, ist nicht anders.
Und: Jeder Mensch wird alt, Glück gehört auch dazu. Ich zum Beispiel möchte unbedingt alt werden. In dem Moment, in dem ich über den Alten lache, lache ich also auch über mich.

Der hohe Preis

Die fabelhafte Julie Paradise geht neuerdings wieder in die Uni und beschreibt genau das, was mich beim Gedanken an mein braches Studium verzagen lässt.
Dabei ist die Vorstellung vom unbeurlaubten Studentsein so gut. Studieren mit Kind(ern) bedeutet mitunter zwar unglaubliche Anstrengung, Überforderungsgefühle, latente Zeitknappheit aber eben auch Autonomie, geistige Herausforderung und ein poliertes Ego – da habe ich durchaus Bedarf als Mutter in 2 Jahre währender Elternzeit.
Wie verlockend: Den Master beenden, mir nächte- und tagelang am Schreibtisch Zeit und Bücher um die Ohren schlagen. Lernen und lesen und schreiben und essen, wenn man Hunger hat, irgendwas, Verantwortung für keinen außer sich selbst und leise muss es sein. Wie habe ich das gemocht, mich einer Hausarbeit, einer Klausur voll hinzugeben.
So studiere ich und habe keine Ahnung, wie das mit Kind für mich funktionieren soll. Man müsste runterschrauben, nur dann Veranstaltungen besuchen, wenn das Kind bei der Oma ist, denn einen Kindergartenplatz haben wir nicht bekommen. Aber dann werden aus vier Semestern Regelstudienzeit schnell mal sechs oder sieben und das BAföG-Amt hat sich längst verabschiedet.
Und: Der Mann studiert selbst. Spät kommt er nach Hause und dann verschwindet er in Büchern und Lernplänen. Am Wochenende auch. Der Bologna-Prozess ist nicht für Familien gemacht.
Mit beiden Eltern, die so leben, wie soll das Kind da leben?
Der Bachelor muss reichen. Vorerst. Ich werde also arbeiten. In Teilzeit. Die Arbeit hat dem Studium gegenüber nämlich einen Vorteil: Es gibt das Wort Feierabend.

Der Tag

begann mit einer sehr verdutzten Dr. Schmotzen, die zu den Klängen der unvermeidlichen Kindergeburtstagsmusik des Rolf Z. aus dem Bett in ein kerzenbeschienenes, lufballonbehangenes, geschenkverpacktes Wohnzimmer trat. Und dort ihr blaues Wunder erlebte.

Ein Buch wurde von mir, eine Anne-Kaffekanne-CD von Monsieur LeGimpsi dargeboten und kurzentschlossen ausgepackt. Wir wickeln unsere Geschenke immer in Zeitungspapier. Hachja, Print. Die Ästhetik der Illustrationen und Eignung als Geschenkverpackung ist übrigens unser erstes Kriterium bei der Abowahl.

Die fernen Großeltern schickten ein großes Paket und lösten mit dem Zoo von Duplo Erstaunen aus. Dr. Schmotzen hat das Lego-Prinzip noch nicht ganz durchdrungen. Ihre Eltern indes nostalgisieren und werden die Nacht wohl damit verbringen, Tierparks in all ihren Formen zusammenzustecken.
Oma, Opa und der Onkel kamen und brachten ein bislang respektvoll beäugtes Lauflernrad, gemütlichste Winterstiefel sowie ein Fädelspiel, das Geduld und Motorik herausfodert.
Das Kind rotiert seither von einer Attraktion zur nächsten und legt zwischendurch gern einen Zwischenstopp am Kuchentisch ein.

Am Ende des Tages ist Dr. Schmotzen ein Geburtstagsprofi geworden, der morgen wohl den ersten Blues seines Lebens haben wird. Aber bald ist ja Weihnachten.

Heute vor zwei Jahren

haben Monsieur LeGimpsi und ich sehr gespannt gewartet. Mein hyperemesis gravidarischer Zustand dauerte mit diesem Tag genau neun Monate und sollte sich endlich selbst abschaffen. Ein ganzer Sommer lang war der 28. Oktober die Grenze zum neuen Leben. Alles würde sich an diesem Tag ändern: Von da an, sollte Dr. Schmotzen bei uns wohnen.
Nun gestaltete sich der 28. Oktober 2008 als sehr gewöhnlich. Keine hektischen Taxirufe in der Nacht, keine Fruchtwasserverluste bei Karstadt, kein Notkaiserschnitt im Treppenhaus: Wir waren keine Eltern.
An diesem Tag, abends, gingen Monsieur LeGimpsi und ich in den Park. Ich sprang von Bordsteinkanten und Mauern, lief vom einen Ende zum andern, bückte mich nach jeder Kastanie und erklomm später mehrmals den dritten Stock. Dann spazierte ich in die Stadt und investierte in Wolle. Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich allein nach Hause ging, die kalte Luft um mich herum, Dr. Schmotzen in mir drin.
24 Stunden später dachte ich daran zurück und wusste, damals war das ein ganz anderer Mensch.
Am nächsten Morgen um fünf fing an, was der schlimmste und schönste Tag meines Leben werden sollte.

Ahorn

In unserem Garten steht ein Ahornbaum. Er hat so viele Blätter und ist so dicht gewachsen, dass, wenn man sich bei Regen unter ihn stellt, man nicht nass wird. Ich mag ihn gerne leiden. Vielleicht beginne ich eine Jahreszeitenchronik über diesen Baum und nenne sie Der Ahorn – ein Baum im Wandel der Zeit. Das hört sich schön nach 60er Jahre Industriestadtdokumentation an und ist schlimmer als Katzencontent. Es könnte jedoch mein Interesse an Botanik erwachen lassen. Möglicherweise finde ich dann sogar Gefallen an Rasenmähen, also das ist es auf jeden Fall Wert.