Über Plastik

Drei Plastikstöpsel und ich weiß, Du bist tot.
Nachdem ich mit Mama darüber verhandelt habe, welcher unserer Väter gestorben ist, meiner oder ihrer, und ich verlor.
Nachdem jemand mir Deine Sachen übergab.
Nachdem Menschen bei uns saßen und weinten.
Nachdem der Bestatter eine Preisliste der Todesanzeigen brachte.

Brauchte es die müllgewordenen Rückstände am Ort Deines Gehens, um zu verstehen.
Dass etwas wirklich Schlimmes passiert war. Dass kein Atem dieser Welt, noch so tief, noch so liebend. Dass keine Infusion. Dass kein Adrenalin. Dass kein Elektroschock. Dich hier halten konnte. Bei uns.

Drei Plastikstöpsel und ich weiß, das ist jetzt mein Leben.

Hängen.

Wir haben zwei große, blonde Männer und ein kleines, blondes Mädchen an Bord. Die sind unser Trapez. An die hängen wir unsere frei schwingende Seilkonstruktion.

Hat ja jetzt kein Hänschen mehr

Heute habe ich Dich zum letzten Mal gesehen.
Du sahst aus jeder Perspektive anders aus. Von links wie Dein drittältester Bruder, von vorn wie Deine Mutter und von der rechten Seite wie Du als Indianer.
Deine Haare waren frisiert, als gingest Du eine Showtreppe im NDR hinab. Ich habe das nicht korrigiert und Verschmitztheit trug nur einen kleinen Anteil daran.
Heute habe ich Dich zum letzten Mal gesehen. Kannst Du Dir das vorstellen? Wie soll das denn funktionieren?

Meine Tochter reitet auf den Schultern ihres Vaters herein und schaut, wie gut Du schläfst. Und dann singt sie für Dich. Bruder Jakob. Und Hänschen Klein.
Ach Papa, gibt es einen schöneren Abschied, als zur Begleitmusik einer Zweijährigen mit sch-Schwäche?

Deins

Dein Lachen.
Dein Erzählen.
Deine Sportlichkeit.
Dein Übermut.
Deine Wärme.
Deine Großzügigkeit.
Deine Schweigsamkeit.
Dein Charme.
Deine Zuverlässigkeit.
Deine Hände.
Dein Schweres.
Dein Leichtes.
Dein Blick.
Und Deine Liebe.

Dein Teil von uns Fünf.

Dafür danke ich Dir.

Wache halten

Ich sitze hier und warte auf Dich. Dass Du erscheinst und mich mitnimmst.
Du Monster.
Du alter Affe Trauer.