Ruth Fisher

Monsieur LeGimpsi und ich schauen zum dritten Mal Six Feet Under zusammen. Das erste Mal war so um 2007 rum. Da hab ich einfach nur geschaut. Beim zweiten Mal, da war mein Vater gestorben und Monsieur LeGimpsi meinte, Familie Fisher könnte jetzt ganz interessant werden. Da hab ich viel darauf geachtet, wie dort im allgemeinen gestorben wird und was Tod macht und wie die Fisher-Kinder Nathaniel so mit sich tragen.
Und jetzt schauten wir zuletzt die aktuellen Staffeln von This is us und Shameless und die eine Serie ist an Kitschigkeit nicht mehr zu überbieten und quasi der reinste Kalenderspruchdreck. Ich denke beim Schauen immer, das wurde allein für die Psychoedukation und -hygiene Nordamerikas geschrieben und nicht, weil jemand eine Geschichte erzählen möchte. Und die andere Serie mag ich immer noch gern, aber nun ja, neues erfährt man nach neun Jahren nicht mehr.
Dieses Mal Six Feet Under bin ich viel bei Ruth. Das überrascht mich etwas, denn bislang war Ruth ein verschrobenes Familienmaskottchen für mich. So ein kleines entrücktes Äffchen, das gern in Mehltürme haut. Aber das ist Ruth ja gar nicht. Ruth ist ja ganz toll. Ruth muss gucken, was mit einem toten Mann und drei erwachsenen Kindern noch so geht. Und weil sie schon ein langes Leben hinter sich hat und ziemlich tief drinsteckt in Zeug, bewegt sie sich dabei nicht besonders schnell und alles, was sie so mit sich rumschleppt, zieht auch ganz schön an ihr. Und außerdem ist es noch ihre Aufgabe oder sie begreift es als ihre Aufgabe, die Übergänge sind da ja immer fließend, darauf zu achten, dass ihre Kinder sich die Hände waschen bevor sie Lebensmittel anfassen, das macht die Dinge auch nicht leichter. In diesen Momenten sagt Monsieur LeGimpsi immer, dass ich wie Ruth bin. Einmal ist Ruths unabhängige, druffe Künstlerinnenschwester da und es wird so richtig deutlich, was für ein verstaubtes, verknöchertes Wesen Ruth ist und genau hier war ich ihr so nah. Aber Ruth ist auch stark, Ruth bleibt am Leben und wenn sie es weiß, dann sagt sie, was sie braucht und was nicht. Das kann nicht jeder. Wobei manchmal meint sie dann auch wieder nicht, was sie sagt, denn stolz ist sie auch. Ich habe das Gefühl, ihr Herz wächst ganz schnell. Es verdoppelt und verdreifacht sich durch alle fünf Staffeln. Weil das Leben sie dazu zwingt und weil sie es zulässt. Ruth wird schöner und schöner.