No more tickets. Yay.

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Ich habe vorgestern mein Auto verkauft. Eigentlich gehörte es Monsieur LeGimpsi und mir, aber seit er ein eigenes hat, nenne ich es nicht mehr das Auto, sondern mein Auto, damit jeder weiß, um welches von beiden es sich handelt. Außerdem saß er dort immer nur auf dem Beifahrersitz. Es war mein Auto.

Als wir es vor acht Jahren gekauft haben, weil wir aufs Land gezogen sind, kannten wir uns überhaupt nicht mit Autos aus. Wir kennen uns auch immer noch nicht mit Autos aus, aber damals eben fühlte sich das noch unwissender an und darum hatten wir Hilfe von erfahrenen Autobesitzern. Sein Vater und mein Vater haben nach passenden Gebrauchtwagen geschaut und nach einigen Wochen haben wir eine Testfahrt im Skoda gemacht und er fuhr, genauer konnten wir das nicht beurteilen, und da haben wir ihn gekauft. Eigentlich wollten wir nicht mehr als fünftausend Euro für einen Gegenstand ausgeben, der uns fortlaufend Geld kosten würde, aber der Händler bestand auf über sechstausend Euro und weil wir schon fünftausend nicht hatten, war uns dann auch egal, dass es noch teurer wird.

Auf dem Land brauchten wir das Auto. Zur Kita, zur Arbeit, zum Einkaufen, zu Verabredungen, für jede denkbare Strecke brauchten wir ein Auto. Nur den Altkleidercontainer haben wir zu Fuß erreicht. Aber der ist ja bloß äußerst selten mal interessant.
Jetzt in der Stadt stand es nur rum. Alle zwei Stunden musste ich runter zum Straßenrand und die Parkscheibe weiterdrehen. Trotzdem klemmten ständig Strafzettel hinter den Scheibenwischern.

Im April wäre der TÜV abgelaufen, der Motor machte komische Geräusche und die Bremsen schleiften. Wann der letzte Ölwechsel war, weiß ich nicht mehr. Die Scheiben waren von innen immer beschlagen, die Klimaanlage funktionierte schon lange nicht mehr, die Lautsprecher hatten einen Wackelkontakt. Eine Scheibe fiel während der Fahrt andauernd in ihre Fassung, dann musste man anhalten, aussteigen und sie mit beiden Händen wieder hochziehen. Der Halbjahresbeitrag für die Versicherung stand auch an. Es wären teure Wochen geworden, vielleicht hätten wir am Ende gemerkt, das lohnt ja alles nicht.

Ich habe jeden gefragt, muss ich das vorher putzen, wenn ich es zum Verkauf anbiete. Sieht der Experte wirklich nicht durch Schmutz? Sind Autohändler so oberflächliche Menschen? Und alle haben gesagt, ja, putz das Auto, gib dir Mühe, das macht einen guten Gesamteindruck und einen guten Gesamteindruck kannst du gebrauchen mit dem Produkt, das du loswerden willst. Bin ich also durch die Waschstraße gefahren, habe ich gesaugt, ausgeklopft, geputzt, geschrubbt, Moos entfernt, Aufkleber abgeknibbelt, Polster gereinigt. Am Ende sah es sensationell aus. Es sah aus wie ein Tesla. Gut, das wird jetzt vermutlich einen hohen vierstelligen Betrag geben, dachte ich. So wie das glänzt, fabrikneu. Da wird sich der Autohändler aber freuen, dass ich jemand bin, der sich extra viel Mühe gibt. Da wird er direkt Respekt vor mir haben und nicht versuchen, mich über den Tisch zu ziehen.
Das erste, was der Händler meinte: Haben Sie vorher geputzt, ne? Hätten Sie nicht machen müssen. Wir bereiten das Auto nachher noch professionell auf, da hätten Sie sich das echt sparen können. Komisch, dass alle immer putzen.

Er hat meinem Auto direkt in die Seele geschaut und mir 700 Euro geboten. Für ein abgerocktes, altes Auto mit kaum PS. Ist ok.

Ich war dann doch überraschend wehmütig, als ich vom Hof ging und es dort einfach stehen ließ. Ich hätte es gern beim Sterben begleitet, sagte ich abends zu Monsieur LeGimpsi. Vielleicht hätte es aber auch dich beim Sterben begleitet, meinte er und damit hat er natürlich Recht. Und am Ende ist es ja auch nur ein Hilfsmittel, das ich viele Jahre brauchte und jetzt eben nicht mehr.

Ich hoffe, das war das letzte Auto in meinem Leben. Das letzte Mal, dass ich eines geputzt habe.