Zeit im Mai
Wenn man von morgens bis nachmittags frei hat, ist das ein sehr gutes Zeitfenster. Da bleibt eine gewisse Grundspannung bestehen und trotzdem fühlt es sich nach so angenehm unüberschaubar vielen Minuten an. Frei haben bedeutet: Die Kinder sind in der Schule, Erwerbsarbeit fällt aus (wegen Kündigung aus den richtigen Gründen. Gibts falsche? Ich weiß nicht, vielleicht schon. Ich hatte jedenfalls in Absprache mit meinem Wertesystem richtige und gute und ich ziehe also weiter und freue mich auf alles, was bald an neuer Stelle kommt. Aber bis dahin halt: Urlaubstage abbauen und Überstunden ausgleichen). Es gibt keine Termine und um die Steuererklärung oder das Badezimmer muss sich nicht so superdringend gekümmert werden, dass es nicht auch morgen noch reicht oder im Herbst. Es muss sich für sieben Stunden um so gut wie gar nichts gekümmert werden, wenn man atmen nicht als offenes to do begreift, und ich entscheide ganz allein, was ich in der Zeit mache. Erstmal Kaffee, O-Saft, Marmeladentoast frühstücken im Bett mit den Tagesthemen. Dann direkt liegen bleiben mit einer Folge The Office. Dann auf den Balkon umziehen und die Pflanzen anschauen, mit einigen ein paar freundliche Worte wechseln. Wie schön sie wachsen, dieses Grün, diesen Sommer haben wir Rosen, ich werde alt. Dann Podcast hören, anziehen und Zähne putzen. Dann eine Runde raus, spazieren oder mit dem Rad in den Garten fahren. Dort die Pflanzen anschauen, wie schön sie wachsen usw., eine Hütte wird gebaut. Dann zurück, ein bisschen was Leckeres kochen und auf dem Balkon essen. Dann auf der Bank dort lesen oder am Schal stricken und einen Kaffee trinken oder eine Limo. Dann kommt das erste Kind von der Schule zurück und es ist Zeit, aufzubrechen, um das zweite Kind von der Schule nach Hause zu begleiten. Das wars mit der Selbstbestimmung. Sieben Stunden sind genau die richtige Dauer, um nicht vollends zu versacken und gleichzeitig trotzdem richtig gut rumzutrödeln. Ich habe das nun ein paar Wochen so gemacht und stelle fest: Es geht mir so gut wie lange nicht, diese Leichtigkeit, warum geben wir sie so schnell her. Und in Woche zwei und drei hätte ich fast einen Hund gekauft. Leider gab es da im Tierheim kein Modell, das bestens erzogen, Kindern zugewandt, stubenrein, gleichmütigen Charakters, carearbeitsbegabt, arm an Körperausscheidungen, bewegungsfaul und auch sonst komplett anspruchslos war, darum hat das nicht geklappt. Daran anschließend habe ich mich dann mit Staubsaugerrobotern, die auch wischen können, beschäftigt und so einer wird’s wohl bald mal werden.