Unser neuer Teppich

Man könnte das alles gerade mit der Produktionsvorbereitung für einen Teppich vergleichen. Einen mit aufwändigem Muster, acht Meter lang. Wir sind noch dabei, die Farben anzuordnen und frummeln die Fäden schon mal in die Spule. Braucht man eine Spule im Teppichwebbusiness? Keine Ahnung. Jedenfalls werden alle Fäden einzeln auf ihre Qualität und Eignung im Zusammenspiel mit den anderen überprüft und dann in sehr bestimmter Reihenfolge aufgenommen, sodass sie sich später beim Weben (oder wie Teppiche halt hergestellt werden) auch genau an ihre Rolle halten und bitte einfach funktionieren und sich das gewünschte Muster einstellt und der Teppich schön bei Karstadt verkauft werden kann. Doch im Moment reißen sie, Spulen sind verstopft und manchmal müssen auch neue Entwürfe für das Muster erstellt werden. Ok, Teppichallegorien sind so naja.

Anders halt: Alter Verwalter ist das ein Kraftakt gerade. Wir ziehen mit den ganzen eh schon erwarteten großen und kleinen Dramen in eine andere Wohnung und dazu brauchen wir eine neue Küche, wir brauchen eine neue Schule für das große Kind, wir brauchen einen Käufer für das alte Auto, das kleine Kind kommt in die Kita, ich gehe wieder arbeiten. Das müssen wir alles unter einen Hut bekommen, das muss zu einer schnurrenden Maschine zusammengebaut werden, alles muss aufeinander abgestimmt sein, das ist gar nicht so leicht.
Der Geschirrspüler und die Waschmaschine sind vor ein paar Tagen fast gleichzeitig kaputtgegangen. Vor dem Umzug Ende April ersetzen wir die nicht mehr.
Ich habe keine Ahnung von Küchen und bei Ikea irgendwas zusammengeklickt und es kommt extra jemand aus Thüringen und baut den Haufen auf und ich fürchte, das wird zu einer mittleren Katastrophe führen und für alle sehr frustrierend sein und am Ende haben wir vier Spülen und keinen Backofen und wir werden für immer Toast mit Käse essen müssen.
In der neuen Stadt gibt es kaum OGS-Plätze, fürs Kind genau null. Bis halb zwei wird es schulisch betreut, ohne Mittagessen, dann ist es vogelfrei. Ich arbeite weiterhin in der Nachbarstadt, dort ist auch die Betriebskita vom kleinen Kind. Wir fahren mit Bahn und Zug und brauchen pro Weg eine knappe Stunde. Wenn alles top läuft, kann ich gegen zwei Uhr beim großen Kind sein. Das müsste sich dann die halbe Stunde bis dahin irgendwie irgendwo beschäftigen.
Die Betriebskita hat bei unserem Stundenkontingent freitags immer zu, haben wir jetzt erfahren. Ich müsste also von Montag bis Donnerstag entsprechend länger arbeiten, würde erheblich später das große Kind erreichen, das einer schlimmen Verwahrlosung und Verrohung ausgesetzt wäre. Da knirscht es, da müssen wir nochmal ran.
Dass das alles so kompliziert und tüftelig ist, hätte ich nicht gedacht. Wie muss das erst mit drei oder vier Kindern sein? Da wird es ja unmöglich, umzuziehen. Kein Wunder, dass die Leute alle erst festverankerte Häuser kaufen und dann Kinder kriegen.
Naja, es wird schon werden. Ich bin vorsichtig optimistisch. Es liegt ja auch alles auf einer gut getakteten Zeitachse. Jetzt der Umzug, bis zum Ende des Schuljahres geht das große Kind noch in seine alte Schule, in den Sommerferien dann die Eingewöhnung in die Kita, zu Beginn der dritten Klasse die neue Schule und kurz danach mein erster Arbeitstag. Und dann kann sich der Alltag endlich einruckeln. Das wird eine Langstrecke, das wird ein Marathon und ich habe mich noch nie so früh im Jahr auf die Weihnachtszeit gefreut.