Das Kind auf dem Sattel

Dr. Schmotzen hat an diesem Wochenende in Lichtgeschwindigkeit Fahrradfahren gelernt. Ich bin sehr beeindruckt.
Nachdem wir mittags mit töchterlicher Zustimmung ein toperhaltenes 18-Zoll-Fahrrad aus der pinken Genderhölle gebraucht erstanden hatten, beherrschte sie nach zwei Übungseinheiten bereits meterweises (»Nicht loslassen! Nicht loslassen!«) Fahren ohne Festhalten und einen Tag später dann völlig sowie ganz und gar freies (»Loslassen! Loslassen!«) Fortbewegen. Bremsen und Anfahren werden überbewertet.
Mit ihren fünf Komma fünf Jahren gehört sie bestimmt eher zu den späten Fahranfängern. Andere Kindergartenfreunde machten schon im letzten Sommer richtige Radtouren mit ihren Eltern.
Dafür hatte Dr. Schmotzen genug Zeit, ihren Gleichgewichtssinn auf Lauflernrad und Roller zu trainieren und sich durch Lektüre geistig auf die Strampeltechnik vorzubereiten. Ich kenne meine kleine Pappenheimerin und ihren Innovationsrhythmus.
Dass das dann so rasch und frustrationsfrei, dazu ohne Blutverlust geklappt hat, liegt aber auch an der exzellenten Anleitung durch den väterlichen Fahrlehrer, der es mit seinen beiden Beinen auf enorme, bislang ungesehene Geschwindigkeit bringt, während die Arme jederzeit auffangbereit um des Kindes Torso kreisen und die Augen den Streckenverlauf auf bewegliche Hindernisse analysieren. Gut gemacht, Mann und Kind.

Mein Freund das Pony

Wir haben die Reiterei vor einigen Wochen wieder aufgenommen.
Nachdem uns die vorherige Reitlehrerin nach der ersten Reitstunde bereits samt Pony abhanden kam, haben wir im Februar einen anderen Stall gefunden, zu dem wir nun wöchentlich fahren, um unseren Nachmittag mit den Haflingern Coco und Nobel zu verbringen. Eine richtige Reitlehrerin gibt es dort nicht, eher eine Hofbesitzerin, die uns die Ponys zur freien Verfügung lässt und ab und zu mal nach dem Rechten sieht. Weil so kleine Pferde nur Menschen unter 50 Kilo tragen, ist das Kind der Reiter und ich der Pferdeführer. Find ich gut, andersrum wärs komisch.
Nicht nur Dr. Schmotzen hat in den vergangenen Stunden auf dem Ponyrücken einiges gelernt. Sie sitzt mittlerweile in bewundernswerter Haltung auf den ungesattelten Kleinpferden und fängt langsam mit der freihändigen Kunstreiterei an.
Auch ich merke, wie ich von Mal zu Mal besser mit den kleinen Dingern zurecht komme. Die machen es mir aber auch leicht. Coco etwa ist ein sehr langmütiges Pony. Als ich minutenlang versuchte, ihren Huf, um ihn zu säubern, in Kopfrichtung, statt gen Schweif umzuklappen, lächelte sie nur und wartete, bis ich selbst den Irrtum bemerkte. Sowas brauch ich ja. Liebevolle Duldsamkeit, die meine Unwissenheit erträgt und im Stillen hofft, dass ich ein nicht ganz langsamer Lerner bin.
Ich merke, wie mir die Tiere (und auch die drei Hofhunde, die mit beängstigend vielen Knochen hantieren) vertrauter werden, wie ich immer selbstverständlicher mit ihnen umgehe. Normalerweise fasse ich ja nichtmal die flauschigsten Küken gern an, weil sie mir vorher nicht schriftlich garantieren können, mich nicht zu beißen. Seit ich weiß, wie schön sich so ein warmer Pferdeschnauber auf der Haut anfühlt, würde ich am liebsten den ganzen Tag damit verbringen, meine Handflächen unter Pferdeschnauzen zu halten, sie von einer rauen Pferdezunge anlecken und von einem Schwall Atemluft wieder trockenpusten zu lassen. Und ich hab noch nichtmal das Bedürfnis, mir danach die Hände zu waschen. Living the life. Herrlich.
Ich freu mich auf einen Sommer auf dem Trampelpfad im gemächlichen Tempo neben einem Ponykopf.