Heute erste Stunde Schwimmkurs. Dr. Schmotzen hat ja wirklich null Bock auf Wasser oberhalb des Schlüsselbeins. Haarwäsche und Gesichtsreinigung sind schon immer eher eine zähe, überwindungsreiche Angelegenheit für alle Beteiligten. Im Sommer unterm Rasensprenger herlaufen? Kopf in den Regen halten? Im Cabrio durch die Waschanlage? Nicht bei uns.
Wir waren in den letzten Monaten tatsächlich regelmäßig im Hallenbad, um das Kind an eine wässrige Umgebung zu gewöhnen. Es ist am Ende zwar stets trockenen Hauptes aus dem Becken gestiegen, hatte aber bis dahin sehr viel Freude. Zwischendurch ist Dr. Schmotzen dann und wann zur Schwimmtasche gelaufen, um sich die Hände am Handtuch abzutrocknen, die waren ihr irgendwie zu nass.
Jedenfalls begann heute dann der dreiwöchige, tägliche Schwimmkurs. Die Lehrerin hat einen pastellfarbenen Delfin vor Sonnenuntergang auf dem Oberschenkel tätowiert, macht sonst aber einen völlig okayen Eindruck. Sieben Kinder sind im Wasser und sieben Mütter am Rand. Es hat sich direkt eine kompetetive Fußballplatzseitenlinienelterndynamik entwickelt. Aber ich hab ja das Baby dabei und also immer eine angenehme Gesprächspartnerin auf dem Schoß.
Die Lehrerin hat die Kinder rumgeführt, die Duschen wurden inspiziert und dann gings schon direkt schwimmmäßig los. Ich weiß nicht welche Sorte von Magie sie angewendet hat, aber nach drei Mal ins Wasser pusten, mit den Händen auf die Oberfläche klatschen und auf einem Bein hüpfen, hat Dr. Schmotzen als fatalistische Übersprungshandlung entschieden, dass jetzt ein guter Zeitpunkt sei, einmal komplett unterzutauchen. Zurück an der Luft war gleich klar, dass sie es so entsetzlich gefunden haben muss, wie es all die Jahre als Endzeitszenario in ihrem Kopf gewachsen ist. Aber nach etwas Husterei und nur für mich erkennbarem kurzen Blackoutmoment war sie wieder voll da. Ist den anderen gar nicht weiter aufgefallen, da waren viele wasserirre Fünfjährige im Kurs, die sich völlig gestört in die Fluten stürzten und von der Lehrerin ununterbrochen wieder hochgezogen wurden.
Duschen war dann wieder etwas heikel, das haben wir zu Hause in Ruhe erledigt, für morgen aber fest verabredet, dass sie das dort echt mal versucht.
Und jetzt sitzt Dr. Schmotzen hier am Tisch, macht Hausaufgaben und erzählt zwischendurch immer von den Sinneseindrücken ihres Tauchgangs. Angeblich waren die Augen geöffnet und ich weiß nicht wie sie es angestellt hat, aber im achtzig Zentimeter tiefen Wasser sank sie nach eigenen Angaben minutenlang tiefer und tiefer und hörte von dort unten aus eine Weile der Lehrerin zu. Sie meinte, unter Wasser sei das Leben viel schöner.
Morgen dann zweite Stunde Schwimmkurs.