Tennisplatzjahreszeit

Nicht mehr für mich und traurig bin ich darüber nicht. Dort hin gehe ich aber immer noch gern, so ein-, zweimal im Jahr. Ich bin dann die Tochter tennisliebender Eltern und Enkelin des unantastbaren Großmeisters. Diese nicht unerfolgreiche Tennisdynastie wird eine Generation über mir ihr Kapitel schließen; meine Geschwister und ich lassen sie sterben und machen lieber Sport in der Mannschaft.
Ich linse für kurze Zeit in die Welt meiner Kindheit und freue mich über ein stabiles soziales Gefüge und über lauter vertraute Gesichter, zu denen ich Geschichten weiß, die so gewöhnlich sind, dass Monsieur LeGimpsi niemals Anschluss suchen wird.

Die Angst vor Kohl

Gibt es eine Angst vor Weißkohlköpfen und wenn ja, ist sie klinisch anerkannt?
Ich bin nicht gut darin, Kohlköpfe zu schneiden, weil sich etwas in mir dann vorstellt, es handelt sich um Menschenköpfe. Das verursacht Stress und trägt letztlich zu einer größtenteils kohlfreien Ernährung bei. Wie schade, denn im Winter mag ich Rotkohl sehr. Und so freue ich mich immer, wenn mutigere Köche als ich, mir ihr Rotkohlgericht kredenzen und ich die kleinen dünstigen Raspelchen essen kann, ganz ohne an Gehirnquetschung und Lobotomie zu denken.
Wo die Neurosen wuchern, will ich Landschaftsgärtner sein. Bevor ich also völlig lebensunfähig werde, stelle ich mich heute der Angst und mache Krautsalat.
Das geht so:

1 Weißkohl (nimm ruhig ein größeres Exemplar, Parallelen zu einem Babykopf wollen wir vermeiden)
2 Zwiebeln
schnippeln, dabei die Gedanken flanieren lassen.

5 EL Zucker
5 EL Öl
2 EL Salz
250 ml Kräuteressig
1 l Mineralwasser
Pfeffer
vermischen, und über das Gemüse geben.
Einen geringfügig kleineren Deckel als der Umfang der den Salat beherbergenden Schüssel misst auf das schäumende und sich wehrende Gebräu legen, mit Gewichten beschweren und einen Tag lang ziehen lassen. Die Flüssigkeit kannst Du schließlich abschütten – wir wollen nur das German Kraut!

Noch einmal fix den Kohl getätschelt und dann der erste Schnitt, direkt über den Ohren.

Jasmin und ihr Aladdin

Dr. Schmotzen hat eine umfassende Menge Panini-Sammelbilder geschenkt bekommen. Alle Prinzessinnen des Disney-Universums sind in selbstklebender Form enthalten.
Das ist genau das Richtige für meine Tochter; der Bröselei kann vollkommene Hingabe geschenkt werden.
Monsieur LeGimpsi, dieser hochkulturelle Typ, von dem ich dachte, ich kenne ihn – ich kenne ihn nicht. Von all den Königstöchtern, manche mit Turban, manche im Ballkleid, manche mit Fischunterleib, manche mit Zwergenschaar, manche mit Froschfreund, manche mit Kutsche, manche mit Teppich, manche neureich, manche geldadelig, alle anmutig und kariesfrei, ob blond, ob brünett, ob Latina: von all diesen elitären, bekronten Bitches weiß er Namen und dazugehörigen Prinzen.

Ach, wäre doch Weihnacht

Mir ist so weihnachtlich. Draußen geht die Welt zugrunde, meine Nase verstopft sich und die letzte überregionale Festlichkeit ist auch schon lange vorbei. Ich habe Lust auf Christbaum schmücken, Lichterketten entwirren und das traditionelle Toten Hosen-Weihnachtsoratorium. Auf Backofenpommes und Marzipanbrote. Auf Schneestiefel und Heizungsluft. Auf Geschenke aussuchen und Weihnachtskarten schreiben. Auf die glücksversprechende vierte Kerze und abgerodete Adventskalender. Auf Frohe Weihnacht als Verabschiedung und Plätzchengeschenke für Pizzabäcker. Auf Astrid Lindgren und Rolf Zuckowski. Auf den ewigen Vernichtungskampf von Christkind gegen Weihnachtsmann. Auf die Krippe anrichten und Jesus‘ Kopf mit Tapetenkleister kleben. Auf alles Schlimme hinter uns und die Stille um uns.
Und auf Silvesterdepression, die käme dann in einer Woche.

Der illustrierte Tag VIII


Einen Trümmerhaufen Nussecken gebacken. Für die Truppen im Büro. Weil ich mich sehr auf die vor uns liegenden Feldzüge freue.


Mein neuer alter fremder Schreibtisch wird auf gute Zusammenarbeit ausgestattet. Herr Ikea hat Schuber verramscht und sie geschickt mit Preisschildern versehen, auf dass sie bis zum Ende der Zeit an der Pappe haften. Das geht auch hübscher und so werden sie beklebt.


Psst, Geheimnis! Dr. Schmotzen und ich machen uns auf die Suche nach einem für spezielle Zwecke geeigneten Stein. Gern magisch.


Mittagsschläfchen gemacht und von Autos geträumt. Gibt es eine einklagbare Zeitzurückgarantie für unbrauchbares Traummaterial?


Wir waren bei Dir. Deine Oberlippe ist wund und blutig, weil Du Deinen Mund fest verschließt, wenn Du trinken sollst. Du lässt jetzt nicht nur Worte an Dir abprallen und Blicke sondern auch Wasser, bald vielleicht Brot. Dann bist Du eine vollendete Festung, undurchlässig für die Welt vor Deinen Mauern.
Wir haben einen Berg aus Händen gemacht.


Ich unterschreibe meinen ersten richtigen Arbeitsvertrag und damit schließt sich irgendwas in mir.
Dazu passend eine kurze Meilensteinchronik: Mit 24 Jahren Dr. Schmotzen erhalten, mit 25 Jahren Monsieur LeGimpsi geheiratet, mit 26 Jahren Einkommenssteuern gezahlt. Soll-Plan der Bibel erfüllt.


Heute eine der besseren Kombinationen: Pizza mit Münsteraner Tatort. Und Wehmutsgedanken an die vergangenen sieben Tage. Vielen Dank, liebe Woche, Du warst ganz famos.