It’s a trap.

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So, hab ich mir das jetzt also auch mal angeschaut. Hab ich jetzt also die wichtigste Schuld meiner mittelalten Ehe erfüllt und das Machtgleichgewicht zwischen uns hergestellt und überhaupt kann Monsieur LeGimpsi jetzt nicht länger behaupten, ich sei kein vollständiger Mensch. Hab ich jetzt endlich auch Zugriff auf sämtliche intertextuellen Referenzen, die dieses popkulturelle Riesenwerk in den letzten 40 Jahren so hervorgebracht hat. Versteh ich jetzt endlich auch die ganzen Witze und Memes und Zitate. Hab ich jetzt endlich auch die Mutter aller Blockbuster gesehen, schlafe jede Nacht in Chewbaccabettwäsche, hab ich mich jetzt endlich mal sechs Abende lang hingesetzt und Star Trek geguckt. Und mit Star Trek meine ich Star Wars.

Holy, hat Monsieur LeGimpsi mir eben einen 1a Mansplainingvortrag über das gesamte Star Wars-Universum gehalten, der Abspann war gerade mal zur Hälfte gelaufen. Ich glaube, da hat er die letzten zehn Jahre dran gearbeitet, das klang alles ziemlich blankpoliert. Richtig runtergerattert hat er seinen Text, am Ende noch ein Paper verteilt und da hab ich ihm dann eine Note druntergeschrieben.
Ich wollte eigentlich nur wissen, welche Relevanz jetzt noch ein siebter Teil hat, wenn die Geschichte doch sehr klar auserzählt ist. Also welche stoffliche Notwendigkeit halt. Wirtschaftlich ist das natürlich keine Frage. Eigentlich war der Plan, dass wir nach Weihnachten Teil acht im Kino schauen. Aber jetzt nach Nummer sechs steig ich vielleicht aus. Also ehrlich, was soll das denn?

Wir haben die Teile in einer mir zunächst nicht einleuchtenden, aber laut Monsieur LeGimpsi einzig richtigen Reihenfolge geguckt: vier, fünf, eins, zwei, drei, sechs. Nach sechs ist alles aus. Was in sieben kommt, wird eine völlig andere Erzählung sein. Nicht mit mir. Darth Vader ist für mich völlig überraschend gestorben, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich dachte, die Skywalkers eiern jetzt noch bis Teil neun durch die Galaxis und beackern ihr innerfamiliäres Moralproblem. Und da wär auch noch narrativer Raum gewesen. Man hätte ja auch mal Leia noch sorgfältiger ausarbeiten können. Vielleicht einfach weniger Budget für diese ganzen ewig langen Formel 1-Rennen durch tausend hindernisreiche Landschaften verwenden und dafür mehr Dialogarbeit.
Aber dann war am Ende von Teil sechs schon alles geklärt. Luke ist true geblieben, Darth ist nicht mehr ganz der Arsch, der in seiner Jobbeschreibung steht, das Imperium kann in eine andere politische Ordnung überführt werden. Was das wieder für ein verwaltungstechnischer Aufwand sein wird allein die ganzen Formulare in den Bürgerämtern auszutauschen. Am besten hat mir gefallen, dass das ultimativ Böse nach all den Schlachten und Rebellionen zum Schluss vor allem auch mithilfe indigener Teddybären besiegt werden konnte. Was für eine schöne Vorstellung. Empfindsamer Flausch macht den Unterschied, empfindsamer Flausch setzt sich durch.

Vor zwanzig Uhr

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Die Kinder sind im Bett, das eine liest, das andere schläft, der Mann tagt im Osten, es ist vor zwanzig Uhr, ich habe etwas nur für mich gekocht. Das esse ich gleich ganz allein, alles ist still und dunkel.
Das kleine Kind reißt sich morgens die Mütze vom Kopf und hält sie der Erzieherin hin, dann winkt es mir zum Abschied und wenn ich nicht augenblicklich gehe, sagt es zur Sicherheit noch Tschüss, damit ich wirklich alle Signale verstanden habe und mich vom Acker mache.
Das große Kind geht allein zur Schule und von der Schule zurück und warum auch nicht, was ist schon dabei, wie konnte mir das jemals als Hürde vorkommen, wie konnte ich sie so unterschätzen.
Wie gern ich mit der Bahn fahre. Das hätte ich nicht gedacht. Ich schaue rum, schaue aus dem Fenster, schaue ins Bilderbuch, sitze, stehe, alles schaukelt etwas, ich werde durch die Gegend befördert. Zwei Stunden lang verbringe ich jeden Tag auf dem Weg, in diesem öffentlichen Raum und in allem, was mit ihm zusammenhängt. Ich bin mit Menschen zusammen, die gibts in meinen Filterblasen nicht, die kommen da nicht vor. Unsere Knie berühren sich beim Sitzen, wir fahren gemeinsam Fahrstuhl und warten an Bahnsteigen. Sie sind müde, sie sind genervt, sie sind hungrig, sie sind alles, was man sein kann. Neulich hatte eine eine Dogge dabei und aus der Tasche zog sie einen getrockneten Schweinekopf. In der ganzen Bahn hörte man das Knacken. Einer ist immer jeanslastig angezogen. Jeanshose und etwas dunklere Jeansjacke. Aber er kann das tragen. Wenn die Bahn einfährt, brüllt Spartacus Zug! Rein da! und ich weiß, jetzt versammeln wir uns alle wieder schweigend vor den Türen, bilden eine Gasse, lassen die Leute raus, jetzt steigen wir wieder ein und suchen uns einen Platz. Einmal bin ich mit dem Auto gefahren und habe alles vermisst.
Wieviel Spaß es macht, wieder zu arbeiten.

Erster Alltag

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Guter Tag, eigentlich hat alles geklappt. Zweimal hat sich die Bahn verspätet, aber das war ok. Der Stress von der Kita zum Bahnhof und dann beim Umsteigen ist schon beträchtlich, ich muss mit dem Buggy absurd oft in Fahrstühle steigen. Da wollen aber natürlich auch die ganzen anderen Leute mit ihren Fahrrädern, Rollatoren, Rollkoffern, Rollstühlen und Kinderwagen rein. Verrückt außerdem, wie viele Menschen um zehn vor sieben schon in der Bahn sitzen.
In der Kita ist es gut gelaufen. Spartacus ist erstmal im Buggy sitzengeblieben und wurde in den Spielraum gefahren. Das fand sie kurz extrem blöd, war dann nach wenigen Momenten schon wieder beruhigt. Sie hat insgesamt nicht viel gesprochen, dafür aber gespielt, im Buggy gefrühstückt, kam dann zum Mittag an den Tisch, ist zum Ende hin wieder in ihren Buggy verschwunden. Sie hat sich helfen und trösten lassen. Das liegt zwischen den Polen Totalverweigerung und Totalverschmelzung schon ziemlich mittig und ist mehr, als ich erwartet hätte.

Dr. Schmotzen ist in einem Stück, ohne Kratzer und ziemlich pünktlich nach Hause gekommen. Auf wundersame Weise ist an genau der richtigen Stelle im Laufe des Vormittags ein Zebrastreifen gewachsen. Als ich heute Morgen die Straße entlang ging, standen dort Baustellenschilder, als Monsieur LeGimpsi das Kind später zur Schule begleitete, wurde der erste Streifen gepinselt und mittags war er dann komplett fertig. Perfekter Zeitpunkt.

Büro: War ok. : )

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September

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Heute ist September. September ist der unvorstellbar abstrakte Monat der letzten zwei Jahre. Die letzten zwei Jahre war Elternzeit, jetzt ist September und würde ich an Freitagen arbeiten, wäre heute mein erster Tag im Büro. An Freitagen arbeite ich aber nicht und so ist er erst am Montag.
Am Montag passiert viel. Ich wohne jetzt woanders als damals, vor den zwei Jahren Elternzeit. Früher bin ich mit dem Auto zur Arbeit gefahren. Jetzt werde ich mit der Straßenbahn und der Regionalbahn fahren. Ich habe darauf überhaupt keine Lust, weil bestimmt ständig was schiefgeht und es regnet und ich den Schirm halte und gleichzeitig Spartacus‘ Buggy schiebe und weil ich vor und zwischen und nach den Bahnfahrten zu diversen Bahnstationen hinlaufen muss. Und wenn ich aus dem Büro komme, gehe ich schnell zur Kita und hole das Kind und muss dann weiter zum Bahnhof und mit der Regionalbahn rüber in die andere Stadt und vom Bahnhof dort zur Haltestelle laufen und von dort in meinen Stadtteil fahren und dann nach Hause laufen und wenn alles klappt, wenn nichts schiefgeht, kommen Dr. Schmotzen und ich fast gleichzeitig an, und wenn doch, ist sie vor mir zu Hause und ich werde mich vermutlich ziemlich gestresst fühlen, weil das nicht dem Plan entspricht. Und ich werde mich grundsätzlich, unabhängig, ob bei mir was schiefgeht oder nicht, auch sorgen, ob dieses Kind den Schulweg gut allein schaffen wird, ob es an den drei Ampeln auch tatsächlich auf Abbieger achtet, auf dem Zebrastreifen in alle Richtungen schaut und auf der Verkehrsinsel stehenbleibt. Ob es die Einfahrten und Ausfahrten im Blick hat und die Fahrradspur. Und falls sie alles im Griff hat, ob nicht irgendein Irrer irgendeinen dummen Fehler macht, der in Dr. Schmotzens Rechnung nicht auftaucht und auf den sie nicht eingestellt ist. Ich weiß noch genau, wie unmöglich damals vor dem ersten Schultag die Vorstellung schien, dass Dr. Schmotzen allein in einen Schulbus steigt und davonfährt. Ich stand an der Haltestelle und konnte meinen Augen nicht trauen. Das Kind stieg ein und fuhr davon. Ich hatte es gesehen, es war geschehen und mittags stieg es am gleichen Punkt sogar wieder aus. Ab dann war es völlig normal. Vermutlich wird es diesmal wieder so sein, völlig normal.
Und Spartacus wird in die Kita gehen. Wir haben jetzt drei Wochen zusammen geübt und die Erfolge sind spärlich. Das wird nicht ohne Tränen laufen. Gestern am letzten Tag der Eingewöhnung haben wir es zum ersten Mal darauf ankommen lassen und die Tür geschlossen. Sie konnte dann nicht mehr zu mir. Ich saß im Vorraum und habe ihre Wut gehört. Sie war auch verzweifelt, aber vor allem wütend. So läuft das nicht, dachte ich, jetzt steigert sie sich voll rein und dann ist sie auf Monate blockiert, die wird ab jetzt immer direkt dicht machen, sobald wir uns der Kita nähern. Nach ein paar Minuten wurde sie still. Die Erzieherin kam zu mir und sagte, Spartacus habe die größeren Kinder einzeln zur Tür gezogen und ihnen befohlen, sie zu öffnen. Aber jetzt sei es wieder gut, jetzt würde sie spielen und sei zufrieden und wenn die emotionalen Ausbrüche, die in nächster Zeit ja nunmal einfach zu erwarten sind, ungefähr in dieser Art blieben, dann sei das nichts, womit sie nicht klarkäme. Für mich war es nicht leicht, Spartacus so toben zu hören. Ich hätte einfach nur die Tür öffnen müssen und der Zustand in ihr wäre vorbei gewesen. Am Montag sitze ich nicht nebenan. Da ist Spartacus tatsächlich allein, da kann ich ihr nicht raushelfen. Das muss die Erzieherin schaffen. Für sie war das bl0ß ein Ausraster eines Kindes, das sich auf die neue Situation einstellt. Einer von vielen hundert großen und kleinen, die sie bislang begleitet hat. Seitdem ich das gedacht habe, kann ich die nächsten Wochen leichter auf mich zukommen lassen. Ich mag die Erzieherin und vertraue ihr, dass sie und Spartacus das zusammen schaffen.
Montag. Mein Wecker wird um kurz vor sechs klingeln. Eigentlich ist das der schlimmste Gedanke von allen.

Ding Dong

Wir wohnen jetzt direkt neben einer optisch richtig schönen Kirche und ziemlich nah an einer optisch okayen Kirche. Im Grunde bimmelt es ohne Unterlass. Zu jeder Viertelstunde, zu jeder vollen Stunde, zu jedem Meeting im Terminkalender des Pfarrers oder zwischendurch auch einfach mal so, why not. Am liebsten mag ich die Bimmelei um neunzehn Uhr. Dann sind beide Kirchen zweistimmig und ich sitze auf dem Balkon und höre zu, wie die letzten Schläge immer leiser und mit größeren Pausen ausklingen.

So einen Familienumzug selbst zu organisieren, kann man machen. Kräfte- und nervenmäßig ist das möglich und nicht besonders schädlich, wenn drei Kriterien erfüllt sind:
Die Kinder müssen betreut werden, die kann man dabei absolut nicht gebrauchen. Dr. Schmotzen hat jeden Gegenstand minutenlang in seiner Existenz gewürdigt, bevor sie ihn in den Karton legte, und Spartacus ist hinter ihr hergegangen und hat alles wieder ausgepackt. Beides nicht besonders effizient und auf jeden Fall fürs echte Umzugsgame disqualifizierend. Wir haben sie in den Tagen vorher und nachher einbezogen, als der Stress nicht so groß war. Aber während des eigentlichen Umzugs befanden sie sich außerhalb des Geschehens und wäre das nicht der Fall gewesen, säßen wir vermutlich immer noch im Chaos.
Und dann sind Helfer wichtig. Einer muss das Sagen haben und die anderen schleppen einfach nur. Beim Umzug hat Demokratie nichts zu suchen. Da braucht man einen Autokraten, einen, der die Richtung kennt. Dann spart man sich die Zeit fürs Rumlamentieren, welche Tetrismethode die Umzugswagenladefläche am besten nutzt. Wir nehmen einfach die, die einer definiert und schon stellt sich ein Flow ein und man ist unglaublich produktiv und alle haben das erlösende Gefühl, dass es gut vorangeht und genau darauf kommt es beim Umzug an. Da helfen Leute dein Zeug rumzutragen und die sollen es so schmerzfrei wie möglich haben.
Darum braucht man viele, viele abertausende Kisten. Dann kann man sie schön leicht befüllen und niemand verletzt sich den Rücken oder erleidet körperliche Überanstrengung. Wenn du nicht viel Geld für professionelle Umzugsfachleute ausgeben willst, gib wenigstens ein bisschen Geld für genügend Kisten aus, damit deine Amateurhelfer es maximal angenehm haben. Und womöglich helfen sie dir dann irgendwann auch nochmal.
Bei uns waren alle drei Kriterien erfüllt und darum war das ein ziemlich machbarer Umzug. Wir danken der Kinderbetreuung, den Helfern und den Kisten.

Jetzt ist alles ein wenig anders, aber alles schön. Spartacus zum Beispiel hat nun ein eigenes Zimmer und da haben wir Dr. Schmotzens altes Bett aufgebaut und wer hätte das gedacht, aber Spartacus schläft tatsächlich in diesem Bett ein und wechselt erst irgendwann nachts zu uns. Wir hatten auch schon so einige Nächte, in denen sie einfach bis morgens gegen sechs, halb sieben durchschlief. Ich gehe nun also in ein leeres Bett und kann dort liegen, wie ich möchte, das Licht einschalten und in normaler Lautstärke vor mich hinleben. Ich kann mich beim Einschlafen einrollen wie ein Igel und habe deutlich seltener Kinderfüße im Gesicht. Es ist mir jeden Abend eine große Freude und bald schon wird sich dieser Zustand wieder ganz normal anfühlen.
Wir gewöhnen uns langsam an das Leben in der Stadt. Wir hängen viel auf Spielplätzen ab, fahren mit der Bahn, gehen bei schönem Wetter in den Park und haben ständig die Wahl zwischen vier Bäckereien, zwei Eisdielen und vielen anderen Einkaufsläden, Apotheken, Zahnärzten und einer guten Buchhandlung im Umkreis von dreihundert Metern. Wir wohnen in einem Gemeindehaus, die oberen Stockwerke sind vermietet. Jetzt gerade probt unter uns ein Chor, gestern war Englischkurs, samstags ist offenes Frühstück. Gerade scheint Konfirmationssaison zu sein, Horden Vierzehnjähriger spielen auf der Straße nicht kompetitiv Federball und machen gruppendynamische Übungen. Wenn wir aus dem Fenster schauen, sehen wir Häuser, Menschen und Gedöns. Manche Gesichter sind bereits mit festen Zeiten verbunden, da kreuzen sich regelmäßig Bahnen. Das geht jetzt alles seinen Weg.

Unsere Wohnung liegt im ersten Stock eines barrierefreien Hauses und bislang haben wir noch nicht ein Mal die Treppe genommen, die Kinder kämen gar nicht auf die Idee. Spartacus‘ Leben mit Fahrstuhl ist um mehrere hundert Prozent besser als ohne. Sie weiß genau, was zu tun ist. Sie drückt den Knopf außen, der ihn holt, Dr. Schmotzen ist für innen zuständig, für das richtige Stockwerk und dass sich die Türen extra schnell schließen. Sobald der Fahrstuhl losruckelt, setzen sich beide hin und warten die Fahrt ins Erdgeschoss in angemessen gemütlicher Position ab.
Doch, ist ganz schön hier für uns alle.

Unser neuer Teppich

Man könnte das alles gerade mit der Produktionsvorbereitung für einen Teppich vergleichen. Einen mit aufwändigem Muster, acht Meter lang. Wir sind noch dabei, die Farben anzuordnen und frummeln die Fäden schon mal in die Spule. Braucht man eine Spule im Teppichwebbusiness? Keine Ahnung. Jedenfalls werden alle Fäden einzeln auf ihre Qualität und Eignung im Zusammenspiel mit den anderen überprüft und dann in sehr bestimmter Reihenfolge aufgenommen, sodass sie sich später beim Weben (oder wie Teppiche halt hergestellt werden) auch genau an ihre Rolle halten und bitte einfach funktionieren und sich das gewünschte Muster einstellt und der Teppich schön bei Karstadt verkauft werden kann. Doch im Moment reißen sie, Spulen sind verstopft und manchmal müssen auch neue Entwürfe für das Muster erstellt werden. Ok, Teppichallegorien sind so naja.

Anders halt: Alter Verwalter ist das ein Kraftakt gerade. Wir ziehen mit den ganzen eh schon erwarteten großen und kleinen Dramen in eine andere Wohnung und dazu brauchen wir eine neue Küche, wir brauchen eine neue Schule für das große Kind, wir brauchen einen Käufer für das alte Auto, das kleine Kind kommt in die Kita, ich gehe wieder arbeiten. Das müssen wir alles unter einen Hut bekommen, das muss zu einer schnurrenden Maschine zusammengebaut werden, alles muss aufeinander abgestimmt sein, das ist gar nicht so leicht.
Der Geschirrspüler und die Waschmaschine sind vor ein paar Tagen fast gleichzeitig kaputtgegangen. Vor dem Umzug Ende April ersetzen wir die nicht mehr.
Ich habe keine Ahnung von Küchen und bei Ikea irgendwas zusammengeklickt und es kommt extra jemand aus Thüringen und baut den Haufen auf und ich fürchte, das wird zu einer mittleren Katastrophe führen und für alle sehr frustrierend sein und am Ende haben wir vier Spülen und keinen Backofen und wir werden für immer Toast mit Käse essen müssen.
In der neuen Stadt gibt es kaum OGS-Plätze, fürs Kind genau null. Bis halb zwei wird es schulisch betreut, ohne Mittagessen, dann ist es vogelfrei. Ich arbeite weiterhin in der Nachbarstadt, dort ist auch die Betriebskita vom kleinen Kind. Wir fahren mit Bahn und Zug und brauchen pro Weg eine knappe Stunde. Wenn alles top läuft, kann ich gegen zwei Uhr beim großen Kind sein. Das müsste sich dann die halbe Stunde bis dahin irgendwie irgendwo beschäftigen.
Die Betriebskita hat bei unserem Stundenkontingent freitags immer zu, haben wir jetzt erfahren. Ich müsste also von Montag bis Donnerstag entsprechend länger arbeiten, würde erheblich später das große Kind erreichen, das einer schlimmen Verwahrlosung und Verrohung ausgesetzt wäre. Da knirscht es, da müssen wir nochmal ran.
Dass das alles so kompliziert und tüftelig ist, hätte ich nicht gedacht. Wie muss das erst mit drei oder vier Kindern sein? Da wird es ja unmöglich, umzuziehen. Kein Wunder, dass die Leute alle erst festverankerte Häuser kaufen und dann Kinder kriegen.
Naja, es wird schon werden. Ich bin vorsichtig optimistisch. Es liegt ja auch alles auf einer gut getakteten Zeitachse. Jetzt der Umzug, bis zum Ende des Schuljahres geht das große Kind noch in seine alte Schule, in den Sommerferien dann die Eingewöhnung in die Kita, zu Beginn der dritten Klasse die neue Schule und kurz danach mein erster Arbeitstag. Und dann kann sich der Alltag endlich einruckeln. Das wird eine Langstrecke, das wird ein Marathon und ich habe mich noch nie so früh im Jahr auf die Weihnachtszeit gefreut.

Garten

Oh verdammich, ich hätte es wissen müssen, ein Umzug Anfang Mai fällt strategisch ungünstig in die falsche Jahreszeit. Es gibt gerade die ersten warmen Sonnentage nach dem langen Winter und ich habe mich natürlich auch dieses Jahr wieder mit Karacho in den Garten reinverknallt. Vorgestern schrieb ich eine Kolumne, warum wir eigentlich nie in den Urlaub fahren (zum Beispiel weil ich mich von Frühling bis Herbst mehrmals täglich im Garten und drumherum körperlich und nichtkörperlich erholt fühle) und da ist mir dann auch noch mal sehr klar geworden, dass wir das Land gegen die Stadt tauschen und da auch keine berittenen Pferde an unserem fünf Quadratmeter-Balkon vorbeitraben oder Mähdrescher oder Förster und barfuß laufen dann auch nicht mehr drin ist und ich tatsächlich Schuhe für die Zeit zwischen Mai und September brauche. Sowas halt. Nun ja. Was sagt ein Abschied, der gehörig traurig ist, über die vergangene Zeit? Vermutlich, dass sie schön war und das ist ja eigentlich ein guter Gedanke.

Spartacus entdeckt den Garten. Und während sie das tut, verschwindet sie aus meinem Blickfeld, manchmal sehr lang. Sobald die Terrassentür offen steht, huscht sie raus, wie eine Katze eigentlich, und weg ist sie. Treppen hoch, Treppen runter, Schubkarre schieben, auf den Hügel steigen, am Tor rütteln, unters Trampolin stellen, die Schaukel schwingen, Steine sammeln, auf der Baumbank balancieren, Fußball spielen, durchs Beet laufen, Schnecken jagen, in der schwarzen Erde buddeln, rumstrolchen, gucken, was weiß ich, was sie noch so anstellt. Zwischendurch kommt sie kurz reingelaufen, immer dreckig, trinkt einen Schluck, angelt sich eine Tomate, möchte ein Buch vorgelesen bekommen und geht dann wieder raus. Zum ersten Mal in ihrem Leben weiß ich abends nicht genau, was sie den Tag über gemacht hat.