Wie ich mich zwangsexmatrikulierte

Der Briefumschlag blieb acht Tage im Postkasten. Als neben Werbeflyern und Gratiskatalogen keine Urlaubskarte mehr hineinpasste, legte ich ihn auf meinen Schreibtisch. Dort brauchte ich den Platz nach vier Tagen für die alten Zeitungen. Ich räumte den verschlossenen Umschlag für einen Monat in mein Sammelbecken aufgeschobener Zustände. Das hat einen Deckel und entzieht seinen Inhalt meiner Wahrnehmung. Ich brach den Brief schließlich auf und mit ihm zahlreiche Brüder und Schwestern im Rahmen einer breit angelegten Öffnungsaktion, deren Ursache die Fahndung einer anderen Information war. Mir fiel eine gefettete Frist ins Auge, sie lag eine Woche zurück. Das Anschreiben trug ich in die Küche und fühlte mich motiviert. Das beiliegende Formular füllte ich auf Anhieb vollständig aus und dachte auch an die Unterschrift. Ich fand keinen neuen Umschlag und legte das Papier ganz vorn an die Ecke des Tisches. Ich vergaß für längere Zeit, Kuverts zu kaufen. Ein Windstoß blies den Zettel durch die Gegend, er landete in Dr. Schmotzens Besitz. Sie malte dasistdashausvonnitolaus in grün, gelb und braun, in groß, klein, schief und rund. Ich bastelte eine papierne Hülle und klebte sie um das Antwortformular. Mit Spucke pappte ich neun Fünfcentmarken in einer langen Reihe auf die Vorderseite. Zwei zu wenig. Ich steckte den Brief in meine Tasche und dachte daran, bald zur Post zu fahren.
Das war Mitte Juli. Vorgestern kam ein neuer Brief von der Uni. Morgen hole ich ihn aus dem Briefkasten.

3 Replies to “Wie ich mich zwangsexmatrikulierte”

  1. Sind das Auswirkungen des Landlebens oder der segensreiche Einfluß von Dr. Schmontzen?

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  2. für einen moment fühlte ich mich wie zuhause.

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  3. Lieber Ben, es gibt nur eine einfach und traurige Antwort: Das bin ich.

    Kohlito, das liegt an unseren mittelamerikanischen Wurzeln.

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