Der Freak der Weihnachtsbäume

Jetzt bin ich hier angekommen. Im Wohnzimmer und betrachte den Baum.
Das ist eine alte Familientradition. Wenn damals die Legosteinberge abgetragen waren und das Piratenschiff im Hafen lag, wenn die Geschenkverpackung sorgsam nach verirrten Geldscheinen abgesucht war und im Altpapier ihre letzte Ruhe fand, wenn die Pute ihre kümmerlichen Reste zum Frikassee freigegeben hatte, wenn der Kampf um die Verteidigung und feindliche Übernahme der Weihnachtsteller einen Waffenstillstand gefunden hatte, dann war Mamas Zeit gekommen. Dann saß sie in der frühen Nacht allein im Wohnzimmer und betrachtete den Baum. Und manchmal kam es vor, da stand sie auf und hängte eine Kugel einen Zweig weiter nach links. Meistens allerdings betrachtete sie einfach den Baum.
Ihre Liebe gilt ihm, dem Kahlen, Schiefgewachsenen, lächerlich Kleinen oder absurd Großen. Sie hat eine Schwäche für die Freaks unter den Weihnachtsbäumen, für die Verstoßenen, die niemals Gewählten. Sie gewährt ihnen innig Obdach und rückt sie in den Mittelpunkt. Sie schmückt sie und sieht sie bis ihre Zeit gekommen ist. Spät kommt sie, die Zeit.
Und diese Bäume, an ihnen kann sich keiner messen.

One Reply to “Der Freak der Weihnachtsbäume”

  1. hoch leben die kleinen fEhler und schwächen. das gilt für mensch und tannenbaum.

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.