Ohne Kirche sein

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Post vom örtlichen Pfarrer der katholischen Kirche erhalten. Puh, da müsste mal jemand mit diesen alten Männern über Kommunikationsstrategien und Außendarstellung sprechen.
Genau wie man sich die katholische Reaktion auf einen Kirchenaustritt vorstellt: Nölig, gekränkt, belehrend, sich selbst überhöhend, ein wenig bedrohlich und der heilige Geist fehlt natürlich auch nicht. Außerdem wirklich leseunfreundlich formatiert. Da wollte jemand mit Gewalt die zweite Seite sparen. Nun ja, wirklich Spektakuläres wie die Verdammnisthematik hat bei meinem Brief gefehlt, die katholische Kirche kann noch wesentlich abstruser.
Fun fact: Dieser Pfarrer hat meine Oma in der Trauerrede zu ihrer Beerdigung durchgängig mit falschem Vornamen genannt, aus Paula wurde Anna und jeder fragte sich, um wen es hier grad geht. Also ehrlich, you had one job… Ausgerechnet bei der! Oma war wirklich stramme Katholikin, ein motiviertes Mitglied der ähh christlichen Gemeinschaft. Wenn sie das mitbekommen hätte.
Bei dieser Gelegenheit eine Notiz an Monsieur LeGimpsi: Ich hätte bei meiner eigenen Trauerveranstaltung gern lieber 30 Minuten Stille im Raum, als auch nur zwei der grotesk unpersönlichen Sätze aus dem Mund eines professionellen Trauerredners.

5 Replies to “Ohne Kirche sein”

  1. und die kirche so: mimimimi

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    1. Ja, ich frag mich, wer nach so einem Brief tatsächlich zur Kirche zurückkehrt. Oder anders: Glauben die Verfasser wirklich, dass dieser Text der bestmögliche Versuch ist, Leute einzuladen, sich nochmal kritisch mit der eigenen Austrittsentscheidung auseinanderzusetzen? Lässt irgendwie tief blicken.

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  2. Der Brief ist wirklich… hmnja, schlecht geschrieben. Mich würde aber mal interessieren, ob es eine Reaktion von Seiten der Kirche gegeben hätte, die du besser gefunden hättest. Ich nehme ja mal an, du nimmst seine Einladung zu einem Gespräch nicht an? (Würd ich nach dem Briefschluss auch nicht machen, es sei denn, um ihn mal zu fragen, was (ob?) er sich gedacht hat, als er den Brief geschrieben hat.) Aber hatte er überhaupt eine Chance, oder ist die Sache für dich so klar, dass es mit deinem Austritt vorbei ist?
    Hintergrund meiner Frage ist übrigens, dass ich Vikarin in der evangelischen Kirche bin. Ich werde also Pfarrerin und frage mich natürlich, haben wir in so einer Situation überhaupt eine Chance?

    PS: Daumen hoch für deine Texte! Ich les hier schon einige Jahre mit und freue mich immer wieder, wenn ich sehe, dass du was Neues geschrieben hast.

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    1. Liebe Angela, wie sehr ich mich über deinen Kommentar freue! Vielen Dank, dass du dich hier einbringst.
      ”Haben wir in so einer Situation überhaupt eine Chance?“, interessante Frage.
      Was ich dazu meine: Ich hab mir den Austritt gut überlegt, bin zu einer Behörde gefahren, habe dort 30 Euro bezahlt und damit ist für mich klar, dass es mit der Institution Kirche und mir gelaufen ist. Wie schwach wäre meine Entscheidung, wenn ein Brief von der Kirche daran etwas ändern würde.

      Trotzdem finde ich es okay und aus Sicht der Kirche richtig, wenn sie nach dem Austritt eines Mitglieds nachfasst. Bloß aus einer anderen Haltung heraus, als das bei mir geschehen ist, aber darüber sind wir uns ja sehr einig. Demut, Interesse, Veränderungsbereitschaft wünsch ich mir da. Dass die Kirche zeigt und sagt:
      „Schade, dass du nicht mehr bei uns sein möchtest, wir respektieren deine Entscheidung. Wir wünschen dir alles Gute und wenn du magst, komm zu uns zurück. Jederzeit, wir sind da. Wir würden gern verstehen, warum du ausgetreten bist. Vielleicht geht es anderen genau so wie dir, die ebenfalls still vor sich hinzweifeln. Vielleicht können wir Menschen generell besser erreichen, wenn wir genauer verstehen, was Leute aus der Kirche treibt. Kritisches Feedback ist aus unserer Sicht immer interessant und lehrreich und hilft Angebote zu verbessern.
      Wir schicken dir darum anbei einen anonymen Fragebogen und einen frankierten Rückumschlag und würden uns freuen, wenn du dir kurz Zeit für unsere Fragen nimmst.
      Wenn du dich gern persönlich mit uns austauschen möchtest, freuen wir uns auf dich. Schöne Grüße, deine Kirche“
      Ach, ich weiß nicht. Sowas in der Art. Und in den Fragen müsste man auf jeden Fall deine Haltung von deiner Ausgangsfrage lesen können. Die ist ja auch voll von Demut und echtem Interesse und Kritikfähigkeit.
      Die Auswertung des Fragebogens würde dann vielleicht Aufschluss geben, wo sich die Kirche mit ihren Angeboten, ihrer Sichtbarkeit und Erreichbarkeit noch verbessern könnte. Im Grunde ist es eine Marktforschung bei einer Zielgruppe, die zwar bis auf weiteres verloren ist, mitunter aber ziemlich interessante Punkte anbringt.

      Ich kenne übrigens das vergleichbare Schreiben der evangelischen Kirche hier im Ort. Das ist viel freundlicher und offener formuliert als das, was ich erhalten habe.

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      1. Vielen Dank für deine ausführliche Antwort!
        Viele Pfarrer*innen (zumindest evangelische, zu den katholischen fehlt mir der kurze Draht) machen sich große Gedanken darüber, ob und wie wir uns bei Leuten melden, die ausgetreten sind. Dass ein Brief allein an deiner Entscheidung nichts ändert, damit rechne ich auch nicht. Ich vermute ja auch mal, als intelligente Frau hast du dir vorher Gedanken darüber gemacht. Andere treten vielleicht einfach aus, ohne vorher groß drüber nachzudenken, und sind dann zum Beispiel erstaunt, dass sie auf einmal nicht mehr Taufpaten werden können.
        Klar kann ich in den meisten Fällen bei gerade Ausgetretenen nichts erreichen, aber ich frage mich eben schon, soll ich mich melden? Wollen die lieber einfach ihre Ruhe vor mir? Sang- und klanglos die Fahnen streichen will ich eigentlich nicht, schließlich bin ich ja von meiner Sache überzeugt. Wenn ich dann nachfrage, ist das echtes Interesse. Aber ich nehme auch wahr, dass das Fragen bei einigen (vielen?) in Überheblichkeit umschlägt: Du armer Einfaltspinsel, du weißt es ja nicht besser. Wir als Christen nehmen dich trotzdem wieder auf, wenn du in ein paar Jahren einsichtig zu Kreuze kriechst. Uärgs. Für mich spricht da aber auch die Angst der Kirchen-Vertreter raus. Was machen wir denn, wenn alle austreten? Wir brauchen doch unsere Arbeit! Und Arroganz ist halt einfacher als sich zu ändern.
        Ich kann nur für die evangelische Kirche sprechen und für die Ausbildung, die ich gerade erlebe. Wir werden immer wieder aufgefordert, uns den Leuten, denen wir begegnen, nicht nur innerlich zuzuwenden, sondern auch wirklich sprachlich. Dieses ganze theologische Gefasel sagt heute kaum noch jemandem was. Lumen Gentium, Gemeinschaft der Heiligen? Du kannst das im Internet suchen, aber andere sind da völlig raus. Das ist echt traurig.
        Ein anonymer Feedback-Bogen ist eine interessante Idee. Die merk ich mir mal.

        Die Verwechslung von Namen bei Beerdigungen kommt übrigens immer mal wieder vor. Das geht echt gar nicht und gehört dem Pfarrer deutlich gesagt. Nur, dass man bei Beerdigungen ja meist nicht so auf Krawall gebürstet ist.

        Beste Grüße aus dem Predigerseminar Wittenberg 🙂

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