simple

Ich habe meine Wärmflasche und meine Lichterkette eingepackt, bin in den Zug gestiegen und nach Bremen gefahren. Jetzt sitz ich hier in Bremen hinterm Hauptbahnhof in meinem Zimmer und schaue Schwarzwaldklinik im linearen Fernsehen. Udo Brinkmann hat den Flugschein geschafft, yess! Dass er Flugstunden nimmt, wurde jetzt am Ende der Folge eingeführt, der ganze Handlungsstrang beginnt direkt mit der Flugprüfung, toll wie viel Aufbau und Narrationspotenzial man sich einfach sparen kann. Udo sitzt in einem fliegenden VW Käfer und schaut angestrengt und arrogant wie es nur dem Sohn von Professor Brinkmann zusteht durch seine Sonnenbrille. Der Fluglehrer fragt, es ist sofort klar, das ist nun die Prüfung, auf die wir seit zwei ganzen Minuten hinfiebern, jetzt entscheidet sich alles: Wo befinden wir uns? Udo hebelt sein Kiefergelenk zusammen, schaut seitlich aus dem Fenster, unter sich Felder und ein Dorf. Er ist komplett orientiert, klar, er weiß genau, wo Lunge und Herz sitzen und wie rum man ein Stethoskop hält, er ist dermaßen in control of everything. Er sagt: Bummenshausen-Norderackerlingen. Ist natürlich total richtig und der Prüfer muss zugeben, neben ihm sitzt ein kompetenter Pilot, denn so geht Fliegen. Auf dem Rollfeld warten Professor Brinkmann und seine Frau und Elke und son Typ, dessen Funktion es ist, Udo nach der Landung zuzurufen, ob ers geschafft hat. Ich hab den Schein, schreit Udo und der Typ, der genau neben den anderen steht, dreht sich zu ihnen um und sagt nach einer halben Sekunde Pause, die alles nochmal spannender macht: Er hat den Schein, und Elke weint vor Glück und fährt sich mit den Fingern durchs Haar.

Ansonsten ist es ganz schön hier, alles sehr neblig und suppig. Ich sitze am Fenster und schaue auf den Stadtgraben, den ich erst für die Weser hielt. Meine Lichterkette hat einen Wackelkontakt, aber das macht nichts, denn ich habs innerlich gemütlich. Neben mir liegt Wolle und gleich stricke ich ein bisschen und höre Podcast und dann stehe ich auf und laufe wieder eine Weile durch Bremen. Vielleicht gehe ich in ein Museum oder in ein Café oder beides und am Abend esse ich was Leckeres und dann schaue ich vielleicht nochmal Schwarzwaldklinik oder auch nicht, wer weiß. Vielleicht bleibe ich auch den ganzen Tag hier sitzen und gucke wie das Licht sich nicht verändert und alles wattig vor mir liegt. Das einzige, was ich heute muss, ist zu Rossmann zu gehen und mir Wasser zu kaufen. Und genau so simpel will ich meine Zeit in Bremen haben.