Eine Mütze für den kleinsten Kopf der Welt gestrickt, bei den Abnahmen Fehler gemacht, naja.
Eine Schiene bekommen, weil ich nachts immer so viel Stress habe und sich mein Kiefer verspannt. Habe morgens beim Aufwachen so nen richtigen Titankiefer, richtig zum Aufstemmen mit so zwei Stemmeisen. Aber mit der neuen Schiene nicht mehr, die sitzt auf den unteren Zähnen und hält beide Parteien schön auf Abstand. Jetzt kann ich nachts ganz in Ruhe Stress haben!
Auf jeden Fall schmeckt Abdruckmasse noch genau so wie in den Neunzigern. Und zum Rausdrücken der festgewordenen Pampe muss die Zahnarztmitarbeiterin immer noch wild an ihnen rumhebeln. Die lösen sich dann mit einem sehr satisfying Plopp und die Luft zischt rein ins Vakuum.
Ein paar Staaten von Amerika ausgewählt nach Farbe: Die blauesten auf eine Liste gesetzt und an die Organisation fürs Auslandsjahr geschickt. Mal gucken, wo das Kind dann landet.
Von einem namentlich nicht weiter erwähnten Menschen mit bundespräsidialer Funktion aus meinem näheren Umfeld auf dem Festnetz angerufen und um Übersetzungsservice gebeten worden. Das Problem, das besprochen wurde: Der Bundespräsident hat gelesen, dass manche automatische Spracherkennung für speech to text bei summa cum laude Teile des Worts cum durch Sonderzeichen ersetzt mit Vermerk auf vulgäre Sprache. Frage nun: Was ist an cum denn jetzt so schlimm, das ist ein ganz normales Wort für uns Lateiner und Asterix und Obelix? Anschlussfrage: Wie kann das sein, dass Maschinen nicht einfach das machen, was der Mensch ihnen reindiktiert? Während des Entgegennehmens des Anliegens die ganze Zeit gedacht, dass ich mit dem Bundespräsidenten jetzt gleich ein informatives linguistisch-kulturwissenschaftliches Gespräch über Ejakulat führen werde. Haben uns dann Gott sei Dank bald in eine kontroverse Diskussion über Sprachwandel und Udo Lindenberg gerettet.
Der Mann ist diese Woche weg in Schweden, was ein ausgeprägtes Gefühl des sturmfrei Habens in mir auslöst. Also ich vermisse ihn schon, aber gleichzeitig ist auch mal was anders hier und das ist ja grundsätzlich aufregend und toll. Ich kann jetzt alles allein entscheiden, das Auto verschenken oder einen Hund kaufen, was will er machen. Als mein Vater Anfang der 00er mal ne Woche mit seiner Tennismannschaft im Urlaub war, haben meine Mutter, meine Geschwister und ich am ersten Morgen beim Frühstück überlegt, wie es wohl wäre, den Teppichboden durch Laminat zu ersetzen. Und nach dem Frühstück haben wir dann direkt den mit der Cousine verheirateten Fußbodenverleger angerufen und am Abend bereits hatte eine Fußballmannschaft rund um den sogenannten Schlachter unser Klavier rausgetragen und das Wohnzimmer war leergeräumt und die Türen ausgehängt, weil uns nachmittags eingefallen war, dass man die ja auch mal weiß lackieren könnte. Danach folgte noch der Laminatkauf bei Obi, wo wir einfach die schönste der günstigen Sorten ausgesucht haben. Wir hatten damals ein Gesamtbudget von TAUSEND Euro, wir hätten also ein ganzes Haus bauen können und mit dem Gefühl sind wir dann auch noch zu Ikea gefahren. Wir vier haben im Entscheidungs- und Sanierungsbereich zusammen sehr viel geschafft in der Woche und als mein Vater nach Hause kam, hatte er an seiner Rückhand gearbeitet, einige Grillteller verputzt und war der neuen Wohnsituation gegenüber positiv eingestellt. Meine Mutter hat seitdem Legendenstatus in getting shit done.
Die eine Tochter war auf Stufenfahrt in Berlin, hat sich eine Woche lang Gentrifizierung angeschaut, sich von Pommes ernährt und ist zwischendrin 16 geworden. Ihre Freundin hat ein Buch voller Briefe gestaltet und ihr um Mitternacht überreicht. Sie hat in den letzten Wochen sämtliche Leute mobilisiert, Deadlines vergeben, nachgefasst, Deadlines freundlich verlängert (in meinem Fall, hat also mit Puffer geplant, diese Weitsicht), die Texte angenommen und aus ihnen ein Buch gebaut. Eigentlich ist sie ready für Projektmanagement von Publikationen und Druckdaten. Und alle haben mitgemacht, Freundinnen und Familie. Das ist schon eine ziemlich sehr besondere Ansammlung von Gedanken: Die Nostalgie von 15jähren umfasst ungefähr die letzten vier Jahre. Die von den Erwachsenen eigentlich ein ganzes Leben. Was die 15jährigen feststellen: Jetzt gerade ist auf jeden Fall prime und alles sollte unbedingt und ohne regret und mit großer Gleichzeitigkeit mitgenommen werden. Die Pandemie findet fast in jedem ihrer Texte statt und ich bin so froh, dass sie damals elf waren und nicht so alt wie jetzt. Wie kann man Dinge ohne regret machen, wenn man anderen nicht näher als 2 Meter kommen kann, wie kann das prime sein. Der Mann hat ihr einen Satz geschrieben, der hat eine ganz neue Art von Nostalgie in mir ausgelöst, eine zukunftsgerichtete: So lange ich kann. Ich weiß gar nicht genau, wie mein Gefühl dazu heißt, aber es ist da und sehr klar. Als die Töchter noch ein Baby waren, habe ich sie mir als alte Frau vorgestellt, die ihr ganzes Leben schon hinter sich hat. Und mir kam der Gedanke, dass ich sie so nie erleben werde. Ich werd nie wissen, wie die mit 70 oder so aussehen und was sie dann umtreibt. Vielleicht verlieben die sich dann nochmal neu und ich weiß gar nicht, in wen. Oder sie haben ein Problem und niemand löst Probleme so gut wie ich, doch ich bin nicht mehr da. Wär doch schade, wär doch ärgerlich. Aber das dauert ja noch ewig und bis dahin werden die das mit dem einigermaßen vitaminhaltigen Essen und dem Aufräumen wohl schon noch selbst hinkriegen und falls nicht, bekomm ichs ja wenigstens nicht mit. Aber der Mann hats im Brief so geschrieben, dass dieses begrenzte gemeinsame Zeitfenster einfach jetzt schon präsent ist und damn das hat mich in eine zukunftsgerichtete Nostalgie gebracht. Die hat auch Trauerkomponenten und am Ende steckt wie in allem vermutlich die Angst vorm Tod. Ja schön, die Tochter hat primetime und ich such mir schon mal nen Sarg aus oder was.
Stricken ist das Beste von der Welt. Oder häkeln. Dass die Hände sich ständig in so kleinen Schleifen unendlich oft wiederholend bewegen, macht irgendwas mit dem Kopf. Es wird dann plötzlich ganz ruhig und friedlich und schön und die Zeit fließt und der Podcast redet und die Wolle wechselt vom Langen, Dünnen ins Geformte, Gewebte. Solche Nachmittage.
Hab meine Geburtsurkunde nicht mehr gefunden. Kann man aber nachbestellen, die Stadt schickt sie einfach nach Hause. Jetzt fehlt mir nur noch ein Passfoto, aber das ist ein ganz eigenes Problem.