Eigentlich wollte ich über Cupcakes schreiben. Nach dem Mittagessen verlangte mein süßer Zahn nach Kristallzucker und weil Monsieur LeGimpsi ein miserabler Teiler seines Süßigkeitenaufkommens ist, und weil ich meins schon gestern aufgebraucht hatte, und weil man nicht immer Waffeln backen kann, dachte ich an Cupcakes. Was ich über Cupcakes weiß, ist, dass sie in humorfreier Zone leben. Es gibt Blogs, die sich mit großer Ernsthaftigkeit ausschließlich der Erstellung dieser Minitörtchen widmen. Es gibt eine Industrie, die Verzierungsmaterial und Anrichtemöbel für Cupcakes produziert. Und es gibt eine Frostingenzyklopädie. Jeder Muffin trägt heutzutage eine klebrige, übersüßte Matschhaube auf dem Kopf, deren Inhaltsstoffe völlig fantasiefrei die des Muffinteigs wiederholen.
Zum Cupcakebacken, das habe ich festgestellt, brauchst Du High-End-Geräte. Handrührer und Backofen müssen der neusten Generation entstammen und sie müssen stufenlos regelbar sein. Mit einer Gabel und einer klapprigen Backofentür kommst Du nicht weit.
Ich gehörte bei Trends und Innovationen nie zu den early Adoptern, ich trage eine skeptischen Zurückhaltung in mir. Als ich die schrumpfköpfigen Dinger samt der verzuckerten Frostingpampe dem Mülleimer übergab, dachte ich, ich bleibe einfach am Rand stehen und lasse diese ganzen Lemminge an mir vorüberstolpern. Und wenn sie ihren Cupcaketempel erreicht haben, wird irgendjemand eine andere Erfindung machen. Vielleicht was aus Baiser und Lakritz und die Industrie wird erigieren und an einem neuen Glücksversprechen basteln. Und das Bruttoinlandsprodukt wird einen halben Zentimeter wachsen.
Und weil diese Cupcakewelt mich nicht einreisen lässt und ich ihr nicht das Autobahnrasthofschicksal des Toast Hawaii oder der Tomate Mozzarella entgegen halten möchte, denn das wäre verzickt, schreibe ich jetzt über den Kindle. In den sind gerade nämlich auch alle total reinverliebt. Der Trend geht sogar zum Zweitgerät. Ich schäkere schon länger mit diesem eBook Reader, bin aber noch nicht überzeugt. Bei Büchern kenne ich kulturpessimistisches Geschöpf nämlich keinen technologischen Fortschritt.
Ich mag Bücher anfassen. Ich mag, wenn zu Beginn ihr ganzes Gewicht in meiner rechten Hand liegt, um langsam in meine Linke zu wandern. Ich mag, an den Spuren meiner Fingernägel im Papier abzulesen, wie sehr das Buch und ich zusammengehörten. Ich mag, an meinen Büchern entlang zu schlendern und mich von ihnen erinnern zu lassen, wer ich war, als ich sie las. Ich mag Papier. Ich mag seine Vergänglichkeit und dass es nicht vergisst. Ich mag Fotos in alten Büchern finden. Ich mag Buchhandlungen, auch online, die mir mehr verkaufen als Bestseller. Ich mag Bücher am Strand. Allein, ich war seit langem nicht mehr dort.
Ich mag Print nicht immer. Zeitungen lese ich lieber digital. Ich mag ein integriertes Wörterbuch für fremdsprachige Texte. Ich mag Bücher sofort besitzen und lesen können, wenn ich sie entdecke.
Ich glaube, ich lasse die Lemminge noch ein wenig an mir vorüberziehen. Und dann, in der vorletzten Reihe schere ich ein.