Ihr Leben als Herrentaschentuch
Ich habe eine nicht unerhebliche Menge Herrentaschentücher erworben.
Als Kind waren die bei Puppenpicknicks sehr nützlich. Da Dr. Schmotzen Puppen nicht mag, hoffte ich schon, die Stoffquadrate für mich allein zu haben. Sie geben mir ein Gefühl von Sicherheit. Auch in hundert Jahren werden die Menschen sich schnäuzen.
Nun ja, es stellt sich heraus: Dr. Schmotzen ist ein Herrentaschentuch geworden. Sie sortiert ihre Bestecksammlung darauf. Verpackt darin die einzelnen Stäbe ihres Xylophons. Sie zieht ihre Hose aus und wickelt sich die Dinger um die Beine. In ihren Büchern dienen sie als Lesezeichen. Im Bett braucht das Kind keine Daunendecke mehr und hat schon für Ersatz gesorgt. Und manchmal, wenn ich leise in ihr Zimmer trete, finde ich auf dem Rücken liegend, Arme und Beine von sich gestreckt Dr. Schmotzen mit einem Herrentaschentuch auf dem Gesicht.
Mein Mann und seine Frau
Ach, ich glaube, die mögen den Weg und das Ziel. Und ihren unkartografierten Sektor.
Danke sehr, Frau Birkin
Die Geschichte mit dem Skorpion und dem Frosch:
Die beiden sitzen am Fluss, und der Skorpion fragt den Frosch: Kannst du mich mit auf die andere Seite nehmen? Der Frosch sagt: Ich werde dich doch nicht auf meinen Rücken nehmen, du wirst mich stechen.
Da sagt der Skorpion: Da wäre ich schön dumm, ich würde schließlich mit dir untergehen.
Von diesem vernünftigen Argument überzeugt, nimmt der Frosch den Skorpion auf den Rücken und springt in den Fluss. Auf halber Strecke spürt der Frosch einen Schmerz im Rücken und schreit: Au, warum hast du das getan? Der Skorpion sagt: Ich weiß auch nicht, es ist stärker als ich. (Jane Birkin, Interview in der Zeit 02/08)
Darauf habe ich gewartet
Eben meinen Finger sehr verbrüht.
Die Zeit ist gekommen, das Eisfach abzutauen.
Ich würde den Biologismus an die Wand stellen
Wäre mein Kind ein weiblicher, luftleerer Gegenstand und gehörte er mir, würde ich ihn grün anziehen. Manchmal auch gelb, dunkelblau oder rot. Grau und braun natürlich. Niemals violett, rosa oder Glitzer. Ich würde ihn fern halten von Feen und Prinzessinnen, ich würde ihm Bälle reichen und Eisenbahnen und eine Trompete, ich würde ihn rufen mit einem Namen, der maskulin endet. Ich würde ihn Gender Troublen bis er frei wäre und dann sehen, ob Freiheit überhaupt möglich ist als Mensch.
Zweijährige sind keine luftleeren Gegenstände. Sie haben ihren eigenen Willen, sie treffen Kaufentscheidungen. Sie lassen sich vor keinen geschlechterindifferenten Karren spannen.
I don’t feel like dancing
Heute war ich eine Stunde lang sehr aufgeregt. Alles zwischen Kopf und Füßen hat geschlackert. Die Hände, so kalt. Und das Herz, so laut.
In meinem Kopf herrscht in solchen Momenten ein einziger Gedanke: I don’t feel like dancing. Öfter muss ich ihn aussprechen. Am Ende bin ich aus einem Auto gestiegen, habe eine Tür geöffnet, meinen Namen genannt, auf meinen Gesprächspartner gewartet und korrigierte das nervöse Gezappel in angespannte Konzentration.
Ich bin so hungrig jetzt.