Landleben vs. Stadtleben 3:4

Der Weg zu Arbeit und Kindergarten staut sich. Es gibt einfach zu viele Autos. Zu wenig Arbeitslose. Zu spärlichen ÖPNV.
Mittlerweile singt Dr. Schmotzen an drei Abschnitten der Strecke »eine lande riesenschlande wer tommt mit // wer teine fünfsich pfenni hat der bleibt zurüt«. Manchmal stehen wir neben Krankenwagen. Dr. Schmotzen kennt die Fahrer gut, sie begrüßen sich per distanziertem Handschlag. Wir sehen zu, wie die Menschen in ihren Autos frühstücken. Und alle zweiundvierzig Minuten denke ich: Warum stehst Du hier? Du könntest noch schlafen. 
Heute hat es mir gereicht. Da bin ich einfach mal links abgebogen. Ich hatte nur noch fünfzehn Minuten für zwölf Kilometer stagnierenden Verkehr. So in der Gegend rumzustehen, halte ich in Herrgottsfrühe nicht aus. Also seitlich abgefallen. Das ging dann eine Weile beschwingt durch die Felder, wie lichtgeschwind sich siebzig Stundenkilometer anfühlen können. Dann sah ich das kyrillische Ortsschild. Da standen Bäuerinnen am Wegesrand und verkauften selbstgeschleuderten Honig. Ochsen zogen schweres Gerät über den Plural von Acker. Und nur noch hundertzwanzig Sekunden bis meine innere Zeitstechuhr den Arbeitstag anstempelte.
»Wo bin ich hier? Wo bin ich? Wo bin ich? Wo bin ich? Wo? Wo? Wo?«
Gut, dass ich Dr. Schmotzen dabei hatte, die hat sofort gemerkt, wo ich stecke: »na da biste doch« 
Morgens ist schlimm.  

One Reply to “Landleben vs. Stadtleben 3:4”

  1. Abends ist aber auch nicht besser!
    Zumindest nicht im Feierabendverkehr, wenn Dich in früh beginnender Dunkelheit ein PS- starker Wahnsinniger knappkantig überholt, nur um kurz darauf genau vor Dir eine formschöne Vollbremsung hinzulegen und Du ihm beinahe in seinem Kofferraum „guten Abend“ sagst…!

    LG,
    Viola

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