Das Kind nervt

Das Kind hat nen Knall. Seit ungefähr ein paar Wochen teilt es sich einen Körper mit einem zwei Meter großen Krawallo-Affen.
Die töchterliche Kommunikationsleistung besteht seither aus Forderungen mit Objekt-Prädikat-Struktur, Verweigerung (»neiheiiin«) und wehleidigem Walgesang. Bislang hatte ich das Gefühl, Dr. Schmotzen verfüge über ein überdurchschnittlich hohes Maß an rationaler Einsicht und Kooperationswillen. Ich weiß es jetzt besser, irgendeine Verknüpfung ist verrutscht. Ich hatte ja damit gerechnet, dass ihr Wortschatz nach der ersten Zeit im Kindergarten dunkle Gefilde erreicht, aber es ist eher eine Wildheit, eine Verrohung, die sie nachmittags mit nach Hause bringt. Manchmal möchte ich sie exzorzieren, manchmal möchte ich die erste ayurvedische Tiefenhautreinigung mit Kräuterdampf meines Lebens, irgendetwas jedenfalls, das den Zustand beendet, dass sie aufhören lässt oder mich tiefenentspannt. Ich bin kurz davor, ihr den Doktortitel abzuerkennen. Sie macht überhaupt nicht mehr, was ich will und nur noch, was sie will. Und dann regt sie sich auf, wenn ich will, dass sie macht, was ich will und das durch deutliche aversive Reiz-Reaktions-Konsequenzmodelle veranschauliche. Meistens enden die Tage damit, dass sie um sieben fluchend im Bett liegt, ich keine Geschichte vorlese und sie direkt morgen früh einen Brief an ihre Oma schreiben will, bei der sie Umsiedelung zu beantragen beabsichtigt. Passend zum Hirn ist auch der Körper ein wenig aus der Bahn geraten. Zwei schlimme Stürze mit Kühlpackeinsatz in den letzten drei Wochen und viele kleine Stolperer, Abrutscher und Verfehler deuten auf koordinativ beeinträchtigendes Wachstum hin.

2 Replies to “Das Kind nervt”

  1. Oh ihr armen… alle miteinander (ich meine das nicht ironisch). Darf ich das überhaupt kommentieren – so ganz ohne eigene Erzieher-Erfahrung? Jedenfalls, ich habe gehört: das geht vorbei. Und ich habe auch gehört: jeder kriegt das Kind, das er gerade noch so ertragen kann… Ob das jetzt tröstlich ist oder nicht, musst du wissen.

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  2. Grundsätzlich haben wir ein gutes, sanftmütiges Kind erwischt, anscheinend hat uns das Universum keine großen Herausforderungen zugetraut. Ich denke auch, dass der aktuelle Niederschlag vorbeigeht oder sich auf einem gemäßigten Niveau einpendelt, Dr. Schmotzen soll ja ruhig ihre Grenzen ausloten. So wie es im Moment ist, kann es ihr damit nicht gutgehen. Ihre Agenda besteht schlicht darin, immer das genaue Gegenteil von allem zu verlangen, das kann ich nicht ernst nehmen.

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