Hä?

Seit zehn Minuten versuche ich in allem Glanz meines Intellekts nachzuvollziehen, warum dieser Marmorkuchen oben dunkel und unten hell vor mir steht, wenn doch in der Backform der helle Teig unten war und der dunkle Teig oben. Planfigur machen. Genauso wenig habe ich zuvor Monsieur LeGimpsis Argumentationskette verstanden, warum das bedingungslose Grundeinkommen von gestern Abend in sozialmarktwirtschaftlicher Hinsicht möglicherweise nicht ganz so problemlos sein könnte. Didaktisch geschult baute er ein Modell aus zwanzig Erbsen; allein, sie kullerten mir davon. Wäre ich eine Schülerin von Frau Freitag, hätte ich gesagt: Abó, Herr Missiö Lögimpsi, das voll schwer, vallah, ich schwöre. Mach nich so. Mach andere Aufgabe. Du Spast!

Aber Wolfgang hat Brigitte geliebt

Wenn ich mich bei der Arbeit mit der Sexiness von Zielgruppen beschäftige und Sexiness Kaufkraft meint und ich es mit der allersexiesten Zielgruppen on earth zu tun habe, nämlich junge Menschen zwischen 16 und 20 Jahren, die auf der Suche nach ihrer Identität in möglichst viele Verkaufsstellen taumeln und dort rumkonsumieren und zwar was ihnen in ihrer Körperkarlhaftigkeit in die Hände kommt und die in ihrer pracht- und machtvollen Sexiness die Anzeigenkunden ganz besoffen machen und von der Konsumgüterwirtschaft am liebsten adoptiert würden, wenn ich also den Vormittag über gedanklich mit dieser top vermarktbaren Menschenansammlung verbracht habe und nach Strategien suchte, den Werbeträger auf diesem fruchtbaren Feld auflagenstark zu positionieren, dann höre ich auf dem Nachhauseweg mit hohem Maß an besonnener Freude Die Ballade von Wolfgang und Brigitte.

Isst Du Pommes?

Soeben sprach Dr. Schmotzen die erste grammatikalisch belastbare Frage: Was isst Du, Pommes? (Nein.)
Noch nie zuvor hat sie sich darum geschert, Pronomen, Prädikat, Subjekt und Objekt richtig anzuordnen. Meistens legt sie einfach den Kopf schief und nennt mit steigender Intonation das Objekt. Das ist durchaus ökonomisch.
Was isst Du, Pommes? geht in die Annalen ihres Spracherwerbs ein. Sobald sie das Handwerk beherrscht, werden hoffentlich ein paar komplexere Fragen aus ihrem Hirnlein kommen.

Und ihre sonnengebräunten Hände

Mach ich Kartoffelsalat, denk ich an Deine Oma.
In ihrer Kittelschürze, die Augen blitzen und der Keller voll Verpackungspopcorn. Ein verschlissenes Obstmesser mit Holzgriff, die Klinge hauchdünn vom Schleifen, wie nur alte Menschen es behalten.

Der illustrierte Tag IV


Da liegt ein Päckchen vor der Tür und mein Name steht drauf. Kann dieser Tag schlecht werden?
Bücher, deren Erscheinungsjahr vor der aktuellen Legislaturperiode liegt, deren Verkaufszahlen möglicherweise mehrere Auflagen und verschiedene Ausgaben verlangten, kaufe ich online antiquarisch. Die sind günstig und oft gut erhalten. The History of Love von Nicole Krauss aus 2005, zum Beispiel.
Wer mit Jonathan Safran Foer zusammenlebt und schreibt, gehört gelesen. Das Exemplar ist in einem okayen Zustand und stammt aus einer Bibliothek in Burbank, Kalifornien. Exciting, somehow.


Wir lesen Astrid Lindgren: Lotta kann fast alles. Sogar Tannen für Heiligabend besorgen. Anschließend besichtigen wir unseren eigenen Weihnachtsbaum. Der steht auf der Terrasse und ist erstaunlich gut in Schuss.


Nach Unterzeichnen einer Unterlassungserklärung wurde mir gestern gestattet, den Film Babys auszuleihen. Monsieur LeGimpsi sichert sich rechtlich gegen eine drohende Hormonwelle ab. Das wäre ja wirklich unschön. So hat er dann auch nicht mitgeschaut und verpasste, wie superprofessionell ich mich hielt. Dr. Schmotzen hats gut gefallen. Sie äußerte während des Abspanns den Wunsch nach einer Katze.


500 g Mehl, 1 Päckchen Backpulver, 250 g Zucker, 250 g Butter, 4 Eier, etwas Milch, etwas Mineralwasser.


Dr. Schmotzen schläft und ich scheitere ein weiteres Mal an dieser Steuererklärungsgeschichte.


Ich habe nichts gegen Notizen in Büchern. Ich knicke Seiten und ritze mit dem Fingernagel. Ich hinterlasse Fettabdrücke, Brötchenkrumen und Obstflecken. Ich verliere Umschläge. Ich herbariere Blätter und konserviere Ameisen. Ich gebrauche Bücher, wenn ich sie lese.
Dr. Schmotzen nicht. Die zerreißt sie. So viele Klebestreifen kann ich gar nicht kaufen.


Polizeiruf 110, wtf? Ich berufe mich auf § 87 Abs. 9 Nr. 3 des Ehevertrags und beantrage beim Ressortleiter für Bewegtbild eine Sondergenehmigung. Heute also Pizza mit DVD. The Social Network.

Es sind die kleinen Dinge, die das Leben reicher machen

Heute habe ich einen Mittagsschlaf gemacht. Ich träumte Menschen, die das Koks vom Bürgersteig snifften. Neben mir lag Dr. Schmotzen und weckte mich, indem sie mein linkes Augenlid hochschob.
Monsieur LeGimpsi schlug vor, DVDs auszuleihen.
An der Kasse vergaß ich den Code meiner Videothekskarte. Den habe ich noch nie vergessen. Du kannst mich mit 43 Grad Fieber fragen, Du kannst mich im Aufwachraum nach einer mehrtätigen Herz-Op fragen, Du kannst mich unter schlimmsten Presswehen fragen: Der Code meiner Videothekskarte ist das Kennzeichen von Donald Ducks Auto. 313. Als ich zwölf war, habe ich die Karte unter großem Kichern mit meiner Schwester zusammen angelegt.
Nachdem ich dreimal erfolglos 311 eintippte, startete ich eine Umfrage unter Verkaufspersonal und Kunden. Keiner kannte die Autonummer. Ich legte schließlich eine neue Pin fest.
Weil ich mittelfristigen Bedarf an Salzstangen hatte, wechselten wir in den Einkaufsladen. Monsieur LeGimpsi lieh mir Geld und hielt sich mit Dr. Schmotzen bedeckt. Überhaupt, Du findest ihn in repräsentativen Situationen häufig dezent im Hintergrund; er wäre eine gute Bundespräsidentengattin. An der Kasse bestand ich auf ein höheres Wechselgeld, denn, das wirst Du verstehen, es macht schon einen Unterschied, ob man sieben Euro oder siebzehn Euro zurück bekommt. Ich diskutierte also mit der Kassiererin, ob ich mit einem zehn- oder zwanzig Euro Schein bezahlte hatte. Oberstudiendirektor Monsieur LeGimpsi intervenierte, bestätigte den Zehner und zog mich sachte fort.
Wir fuhren zur Post. Bewerbungsunterlagen für eine studentische Aushilfsstelle sollten verschickt werden. Der Job umfasst vor allem Officetätigkeiten, da ist das korrekte Frankieren des Umschlags eine Art Arbeitsprobe, das findest Du doch auch? Briefmarken sollten also vielleicht nicht unten links platziert werden.
Es sind die kleinen Dinge, die das Leben reicher machen.

Come and draw!

Dr. Schmotzen malt überallhin. Letzte Woche hat sie das Sofa meiner Eltern vollgekritzelt. Sie war so stolz, sie hat nach fotografischer Dokumentation verlangt.
Mit diesem Tisch wäre das nicht passiert:

„Come and Draw“: Design von Tian Tang Design, gesehen im Zeit Magazin No. 11, 2011.